Der Badeausflug ans Meer kann gefährlich werden. Irgendwo in den Tiefen der Ozeane, die unseren Planeten bedecken, schwänzelt ein riesiges, schuppen-bedecktes Monster. Aus dem Tiefschlaf ist es vor 60 Jahren erwacht, als es die lebensnotwendige radioaktive Nahrung erhielt. Seitdem hat es uns in regelmässigen Abständen heimgesucht. Bislang, glücklicherweise, nur auf der Leinwand.
Der Godzilla von 2014 ist besonders motiviert. Seine Intimfeinde aus längst vergangenen Äonen haben in den vergangenen Jahren genug radioaktives Futter erhalten, um sich vermehren zu können. Die MUTOs – megagrosse, unerforschte terrestrische Organismen – drohen die Menschheit auszulöschen.
Die Ahnung ist schlimmer als das, was wir sehen
Das Genre lässt es erahnen: Eine solide Story und Glaubwürdigkeit sind nicht die Stärken des von Regisseur Gareth Edwards inszenierten «Godzilla». Der hat vor vier Jahren mit «Monsters», einem Film über Aliens, bereits bewiesen, dass ihm Spannung wichtig ist. Das erreicht er, indem er von fremden Kreaturen so wenig wie möglich preisgibt. Die Ahnung ist schlimmer als das, was wir sehen.
Das Monster-Hauptgericht erhält als Sättigungsbeilage historische Aufnahmen der amerikanischen Atomtests aus den 50ern und Exkurse in die Saurier-Paläontologie. Zum Dessert werden Familienkonflikte und existenzielle Frage- und Antwortspiele serviert: Wer ist an unserem Untergang schuld? Wir selbst! Man kann über dieses Menü streiten, aber es ist gut zusammengestellt und deshalb halbwegs verdaulich.
Beitrag zum Thema
Juliette Binoche, die französische Diva, spielt ebenso mit wie Bryan Cranston, der aus der Kultserie «Breaking Bad» bekannte Amphetaminkoch. Die Stars machen sich rar, um dem Geburtstagskind nicht die Show zu stehlen und um Filmsohn Aaron Taylor-Johnson, dem geneigten Kinogänger vielleicht noch in Erinnerung als junger Zauberer in «The Illusionist», einen starken Heldenauftritt zu gönnen.
Godzilla verneigt sich vor dem Original
Die menschlichen Konflikte werden in «Godzilla» zwar lieblos abgearbeitet, die Gesamtkonstruktion ist jedoch klar und gut überlegt. Hier verneigt man sich im Stil vor dem Original von 1954. «Gojira», so heisst die Riesenechse auf Japanisch, war 1954 eine Reaktion auf das spezifisch japanische Atombombentrauma und die globale Angst vor der nuklearen Auslöschung. In der neuen Verfilmung ist das amerikanische Post-9/11-Trauma ebenso gegenwärtig wie das weltweite Ohnmachtsgefühl nach der Fukushima-Katastrophe.
Ganz am Schluss fügen sich Familiendrama, Katastrophen- und Monsterfilm zu einer Einheit, die dem wahren Helden des Films, Godzilla, den nötigen Raum lässt. Es ist eine würdige Feier für den Jubilar.