Natürlich sind das keine Zufälle: Diese rote Krawatte, die Leonardo di Caprio da trägt, ist keiner, die weissen Punkte darauf auch nicht. Keine der Krawatten aus dem Film «Wolf of Wall Street» ist ein Zufall. «Da ist über jede Krawatte ewig diskutiert worden», ist sich Monika Schmid sicher. «Die sind so präzise schön, da ist nichts Zufall.»
Monika Schmid ist Kostümbildnerin in der Schweiz. Anders als auf hiesigen Sets sind in Hollywood kleine Armeen für das Einkleiden der Schauspieler zuständig. Während Schmid hier in der Schweiz mit einem Team von sechs, sieben Leuten arbeitet, sind es bei grossen Hollywood-Produktionen ein paar Dutzend. «Da suchen x Leute nur Stoffe, oder die Hosen oder Hemden. Da gibt es einen, der nur Krawatten sucht», sagt Schmid in Bezug auf «Wolf of Wall Street».
Jeder Rock, jede Hosenlänge, jeder Knopf und jeder Stoff sei Teil der «letzten Hülle» eines Schauspielers, sagt Schmid. Und jedes Kostüm erzählt die Geschichte des Charakters mit, den er spielt. Als Beispiel nennt Schmid einen anderen Film von Martin Scorsese: «Hugo» und die königsblaue Uniform des Bösewichts.
Kleider, die Geschichten erzählen
Der Bahnhofspolizist im Film trägt die vibrierendste Farbe im ganzen Film. Er strahlt vor einem Meer aus braun, beige und schiefer der Statisten im Hintergrund der Bahnhofshalle. «Dieses Blau kommt fast aus dem Film heraus», sagt Schmid. «Es zeigt richtig gut diesen Bösewicht, diesen selbstverliebten Narzisst, der mit seiner perfekten Uniform den Bahnhof beherrscht.»
Die Uniform aus dem Film hat sich Sandy Powell erdacht, eine oscar-prämierte Kostümbildnerin, die auch für «Wolf of Wall Street» die Kostüme entworfen hat. Die Farbe der Uniform entspreche nicht der Farbe, die ein Bahnhofspolizist in Paris zu dieser Zeit getragen hätte – das wäre ein dunkles Blau gewesen – erzählte Powell der «L.A. Times». Doch: «Das war mir nicht dramatisch genug.»
Es sind solche Arbeiten, die Monika Schmid liebt: «Was mich am meisten interessiert, sind die Filme, in der Kostüme eine Zeit neu interpretieren», sagt Schmid. «Wenn Mozart eine rosa Perücke anhat, find ich das grossartig» – Schmid bezieht sich auf eine Szene aus dem Film «Amadeus» – «Das ist toll, aber natürlich nicht historisch korrekt.»
Details machen Charakter
Oft sind es Details, die eine ganze Geschichte erzählen. Im Film «Hugo» ist das Jäckchen des Buben im Zentrum der Geschichte ein wenig zu kurz, ein wenig kaputt. Woher sollte er auch passende Kleider haben, ist er doch ein obdachloses Waisenkind?
Auch ein Klassiker sind etwas zu enge Hemden – wie aus dem Film «American Hustle». «Der Charakter, der will sich jung behalten, will attraktiv sein und hängt an dem, was er mal war, in das er nicht mehr ganz reinpasst.» Die Kostümbildner sind an die Grenzen gegangen, aber ohne den Charakter lächerlich wirken zu lassen, findet Schmid.
Derartige Details definieren einen Charakter. Doch auch alle Kostüme zusammen sollen eine Geschichte erzählen, beziehungsweise: die Geschichte miterzählen. «Du hast fünfzig Schauspieler, die müssen einzeln funktionieren und zusammen ein Ganzes ergeben, so dass die Kostüme eine gemeinsame Aussage haben.»
Daumen drücken für «Grand Budapest Hotel»
In der Schweiz gibt es keine Preise für die besten Kostüme in Filmen. Deswegen wird Schmid am Sonntag genau hinschauen, wenn ihr Metier mit einem Oscar geehrt wird. Die Daumen drückt sie dann Wes Andersons Kostümbildnerin Milena Canonero. Die Italienerin ist für ihre Arbeit in «Grand Budapest Hotel» nominiert – ein Feuerwerk von Farben und Schnitten.
Und der Film hat einen grossen Vorteil: Er spielt nicht im Jetzt. Denn Kostüme aus unserer Zeit scheinen die Academy einfach nicht zu interessieren. In den vergangenen zehn Jahren gab es nicht mal Nominierungen für Filme, die nicht in der Vergangenheit spielen. Mit einer einzigen Ausnahme: «The Devil Wears Prada», einem Film über Mode.