«Até ver a luz» erzählt die fiktive Geschichte des Drogendealers Sombra, der nach einem Knastaufenthalt reinen Tisch mit sich und der Welt machen will. Doch kaum ist dieser zurück im heimischen Elendsquartier, holen den nachtaktiven Rasta-Mann die Schatten der Vergangenheit ein.
Das stärkste Zitat
«Es steht geschrieben: Lebe am Tag, schlafe in der Nacht. Die Nacht ist… (langes Schweigen, gefolgt von einer diffusen Handbewegung)». Ein Bekannter tadelt Sombra für dessen vampirartigen Lebensrhythmus, bis er überraschend mitten im Satz verstummt. Weil ihm plötzlich klar wird, dass er die Unheimlichkeit der Nacht nicht in Worte fassen kann.
Der Regisseur
Basil da Cunha erblickte 1985 im waadtländischen Morges als Sohn einer Schweizerin und eines Portugiesen das Licht der Welt. Nach der Schulzeit in Lausanne und dem Filmstudium in Genf entschloss er sich im Jahre 2008, nach Portugal zu emigrieren.
Kaum in Lissabon angekommen, nahm er sich die günstigste Wohnung, die er auf die Schnelle finden konnte. So kam es, dass er mitten im kreolischen Armutsviertel Reboleira landete. Fasziniert von der wilden Mischung aus Lebenslust, Gewalt und Drogenhandel, realisierte er rasch mehrere Kurzfilme über sein neues Quartier.
Die letzten zwei davon erhielten viel Applaus vom fachkundigen Publikum von Cannes, wo sie im Kurzfilmprogramm der «Quinzaine» liefen. 2013 glückte Basil da Cunha auf dieser Bühne des Autorenkinos sogar der Sprung in die wichtigste Sektion, den Spielfilm-Wettbewerb. Mit «Até ver a luz», seiner ersten längeren Regiearbeit im Rahmen seiner intensiven Suche nach dem «echtem» Kino.
Fakten, die man wissen sollte
Statt mit Schauspielern arbeitet Basil da Cunha für seine Filme fast ausschliesslich mit Laien zusammen. Die meisten Darsteller von «Até ver a luz» leben tatsächlich in Reboleira, sind Freunde und Nachbarn des Regisseurs. Die Zuschauer kommen so mit Leuten in Kontakt, die sie normalerweise nicht im Kino sehen würden. Menschen, denen das Geld für den Zahnarzt und vieles andere fehlt.
Ihre Improvisationen verleihen dem Film eine aussergewöhnliche Authentizität. Alles wirkt ungekünstelt, spontan und echt – auch wenn die Handlung einem groben Drehbuch folgt. Da Cunhas langsamer Arbeitsrhythmus trägt viel dazu bei: Gefilmt wird rein chronologisch, und zwar nur eine Szene pro Tag. Diese Methode gibt den Akteuren reichlich Zeit, die Charaktere während des Drehs weiterzuentwickeln.
Das Urteil
Basil da Cunha zeigt den alltäglichen Überlebenskampf im Lissaboner Armutsviertel Reboleira in voller Härte. Trotz seines Realismus stellt «Até ver a luz» kein sprödes Betroffenheits-Stück, sondern ein überraschend poetisches Sittengemälde dar. Da Cunha ist es gelungen, die raue Schönheit des kreolischen Quartiers und seiner Bewohner einzufangen. Das macht sein Kinodebüt zu einer sehenswerten Milieustudie.
Vom Film enttäuscht sein wird nur, wer aufgrund des Trailers einen fesselnden Thriller erwartet. «Até ver a luz» folgt nicht Hollywoods atemloser Krimi-Dramaturgie, sondern seinem eigenen, natürlichen Lebenstakt.