Dass die gute alte Enterprise in ihrem bereits zwölften Kinofilm «Into Darkness» jünger als je zuvor wirkt, grenzt an ein Wunder. Denn bis vor wenigen Jahren lebte die Marke «Star Trek» fast ausschliesslich vom Ruhm vergangener Tage und ihren treuen Fans, den «Trekkies». Im Kino schien die Enterprise 2002 nach zehn Filmen ausgedient zu haben und auch im Fernsehen besass das wohlgeformte Raumschiff nicht mehr die Zugkraft von einst. In Hollywood munkelte man bereits, der Stoff sei tot, habe sein Blockbuster-Potential irgendwo in den unendlichen Weiten des Alls verloren.
Kein «Trekkie», sondern «Star Wars»-Fan
2009 kam dann die unerwartete Wiedergeburt. Gezeugt von J.J. Abrams, einem Mann, der sich bis heute nicht als «Trekkie» versteht. Abrams konnte schon als Jugendlicher nichts mit dem Seifenoper-Charakter von «Star Trek» anfangen. Er interessierte sich mehr für kultige TV-Serien wie «Twilight Zone» und stand für die Weltraum-Saga «Star Wars» Schlange, also ausgerechnet für den Leinwand-Rivalen in der Science-Fiction-Sphäre, den Kino-Erzfeind aller «Trekkies»!
Kirk und Spock radikal umgestalten
Als Abrams das Angebot erhielt, einen «Star Trek»-Film zu drehen, wollte er daher zunächst nur produzieren, nicht inszenieren. Doch dann legte ihm sein Mentor Steven Spielberg nahe, diese Entscheidung zu überdenken. Bauchmensch Abrams, der in Hollywood zu den innovativsten Regisseuren zählt, ergriff daraufhin die Chance, die Welt von Kirk und Spock radikal umzugestalten. Angetrieben vom Wunsch, einen «Star Trek»-Film zu erschaffen, der auch ihm gefallen würde. Die Rechnung, die Enterprise von Grund auf zu erneuern, ging auf – für ihn, die Filmkritik und das Publikum.
Linsen-Reflexionen als Markenzeichen
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Freunde machte sich Abrams vor allem mit dem neuen Look, den er «Star Trek» verpasste. Die Enterprise des Spielberg-Zöglings sieht einfach blendend aus, und das im wahrsten Sinn des Wortes. Passend zum optimistischen Grundton der Science-Fiction-Utopie sind Abrams Filmbilder strahlend hell. Wer genau hinschaut, kann in fast jeder Einstellung funkelnde Linsen-Reflexionen sehen. Dieser Spiegel-Effekt, den Experten «Lens Flare» nennen, entsteht immer dann, wenn eine gebündelte Lichtquelle auf die Kameralinse trifft.
Die meisten Regisseure versuchen diese auffälligen Reflexionen zu vermeiden. J.J. Abrams hat dagegen deren poetisches Potential erkannt und sie zu seinem Markenzeichen gemacht. Ist ihm die Beleuchtung auf dem Set zu matt, leuchtet er höchstpersönlich mit einer Halogen-Taschenlampe in die Kamera, um «Lens Flares» zu kreieren.
Ein Ärgernis für «Trekkie»-Puristen
Doch nicht nur optisch, sondern auch erzähltechnisch hat Abrams die Enterprise gewaltig aufgepeppt. Früher folgten Weltraumschlachten bei «Star Trek» immer dem gleichen Muster: Die Enterprise wird attackiert, die Besatzung kräftig durchgeschüttelt, dann die Kontaktaufnahme via Bildtelephon. Der Bösewicht erscheint auf dem «Schirm» und liefert sich mit Captain Kirk ein persönliches Wortgefecht. Sein erster Offizier Spock schweigt, analysiert die Lage kühl und findet irgendetwas daran «faszinierend».
Der hohe Wiedererkennungswert dieser Urszene verströmt zwar nostalgischen Charme. Für den Zuschauer des 21. Jahrhunderts wirkt solche «Action» aber allzu statisch und vorhersehbar. Abrams Enterprise-Filme strotzen dagegen geradezu vor irrwitzigen Verfolgungsjagden auf exotischen Planeten. Dass sich «Star Trek» damit immer mehr «Star Wars» angleicht, ist nur für Puristen ein Ärgernis.
Finale in Planung
Das breite Publikum wird die neue Dynamik im Kosmos der Enterprise begrüssen. Zumal auch die Spannung zwischen den Figuren mit einigen hübschen Story-Twists erhöht wurde. «Into Darkness» ist ein emotional mitreissender Blockbuster rund um das vulkanisch-menschliche Zwiegestirn Spock und Kirk. Die Verjüngungskur ist damit abgeschlossen und die geliftete Enterprise kann wieder optimistisch in die Zukunft blicken. Science-Fiction-Restaurator J.J. Abrams ist gedanklich längst bei seinem nächsten Projekt, dem dreiteiligen Finale von «Star Wars». Möge die Macht mit ihm sein!