Maik Klingenberg (Tristan Göbel) ist ein typisches Kind unserer Zeit. Sein ängstlicher Charakter lässt auf eine überbehütete Kindheit schliessen, während er mit vierzehn Jahren von seinen Eltern alleingelassen wird.
Deren Ehe ist vermutlich nicht einmal mehr so viel wert wie die Zinsen für ihr Einfamilienhaus mit Pool. Die Mutter verbringt den Sommer in der Entzugsklinik. Der Vater geht mit seiner Assistentin auf «Geschäftsreise». Maik stellt sich auf langweilige Sommerferien allein zuhause ein.
Auftritt Tschick
Doch dann kreuzt Tschick (Anand Batbileg) bei ihm auf. Tschick heisst eigentlich Andrej Tschichatschow, stammt aus dem tiefsten Russland, wohnt in einem der Hochhäuser in Berlin-Marzahn und hat einen geklauten Lada dabei.
Er ist der neue Mitschüler in Maiks Klasse und setzte sich vor den Ferien auf den einzigen freien Platz, den neben Maik.
Ab in die Walachei
Ganz anders als der unscheinbare Maik wirkt Tschick verwegen und draufgängerisch. Aussenseiter sind sie jedoch beide. Deshalb wurden sie nicht an die Geburtstagsparty von Maiks heimlicher Liebe Tatjana eingeladen.
Wenn die beiden schon niemand will, dann können sie auch gleich abhauen. Das Ziel ist die Walachei, wo Tschick seinen Grossvater besuchen will.
Tschicks Sehnsucht nach Heimat trifft auf Maiks Sehnsucht nach Freundschaft. So können beide einander helfen. Sie fahren mehr schlecht als recht los und treffen – wie könnte es anders sein – unterwegs auf ein mysteriöses Mädchen (Nicole Mercedes Müller). Sie wird die Dritte im Bunde sein.
Wie Huckleberry Finn auf dem Mississippi
Fatih Akin ist Regisseur von Filmperlen wie «Gegen die Wand» und«Soul Kitchen». Er inszeniert diese Jugendgeschichte in starken, teils fast archaischen Bildern, die einen mitunter an Huckleberry Finns Flossfahrt auf dem Mississippi erinnern.
Kein Wunder, denn Wolfgang Herrndorf, der Autor der Romanvorlage, hat sich unter anderem an Mark Twains Klassiker orientiert.
In einem Interview mit der FAZ gestand er, dass er beim Wiederlesen seiner Lieblingsbücher aus der Kindheit drei Gemeinsamkeiten festgestellt habe: «schnelle Eliminierung der erwachsenen Bezugspersonen, grosse Reise, grosses Wasser».
Grosse Gefühle mit schelmischem Humor
Das Wasser hat Herrndorf durch die Strasse ersetzt, aber die grossen Sehnsuchtsgefühle von Freiheit und Abenteuer vermag auch er zu wecken.
Herrndorf und Regisseur Akin brechen die grossen Gefühle aber immer wieder mit schelmischem Humor. Als Film funktioniert das so gut, dass man auch als Erwachsener im Kino grossen Spass hat.