Der Spaghetti-Western ... da kommen Freunde herber Männlichkeit auf ihre Kosten. Denken wir nur an die Reihe um den einsamen Rächer «Django», die 1966 mit dem gleichnamigen Film von Sergio Corbucci ihren Anfang nahm. «Django – Sein Gesangsbuch war der Colt», «Töte Django», «Django - Die Nacht der langen Messer» und «Django und die Bande der Bluthunde» sind weitere Titel aus dieser losen Folge von Geschichten aus dem Westen, der nicht nur wild ist, sondern böse, brutal, archaisch, fast vorzivilisatorisch.
Szenerien auf Knopfdruck
Überhaupt, die Titel dieser Filme: «Für eine Handvoll Dollar», «Für ein paar Dollar mehr», «Töte Amigo», «Knie nieder und friss Staub», «Verdammt zu leben - verdammt zu sterben», «Sartana - Töten war sein täglich Brot», «Mercenario - Der Gefürchtete» … da würfelt jeder Filmtitel sofort gnadenlose Bilder in den Kopf, Bilder einer staubigen, gottvergessenen Szenerie am Ende der Welt, weit draussen im Westen oder in den eisigen Hügeln von Utah – wie in Sergio Corbuccis «Il grande Silenzio» aus dem Jahr 1968.
Hier kämpft der verwundete Jean-Louis Trintignant im Schnee von Utah mit Hilfe der
schönen Witwe Vonetta McGee gegen den geldgierigen Kopfjäger Klaus Kinski, der mit seiner Bande die Gegend terrorisiert. Ein tiefschwarzes Drama, ein prototypisches Beispiel für die Inhalte dieses Filmgenres.
Dämonische Poesie
Nicht um Pioniere geht es, die sich im Westen neuen Lebensraum erschliessen, nicht um die grosse amerikanische Idee. Sondern um das Niedrige im Menschen, um den Kampf gegen die inneren Dämonen – und gegen materialistische Unmenschen. Eine archaische, anarchische Welt, die dem Faustrecht die Faust zeigt.
Clint Eastwood, im realen Leben Waffennarr und konservativer Provinzpolitiker, war eine der grossen Figuren dieses Universums der Breitbild-Geschichten. Charles Bronson, Lee Van Cleef weitere. Und die Namen der Regisseure sind pure Pistolenpoesie: Sergio Leone, Sergio Corbucci, Giorgio Ferroni, Giulio Petroni, Damiano Damiani, Duccio Tessari …
Reichhaltige Dokumentation
«Dreckige Spaghetti», Uwe Killings Buch über den Spaghetti- oder Italo-Western, wird den verschiedenen Schichten, den unterschiedlichen Lesarten dieses Kinophänomens vollauf gerecht. «Dreckige Spaghetti» ist einerseits ein cinephiles Bilderbuch, andererseits auch eine ästhetische und inhaltliche Analyse. Ein umfassendes Buch, das sich nicht nur auf dem Wohnzimmer-Tischchen gut macht, sondern auch wegen seines inhaltlichen Gehalts. Uwe Killing weiss viel über dieses Filmgenre. Und er setzt dieses Wissen sprachlich sehr süffig um.
«Die Historie», «Der Stil», «Die Helden», «Die Frauen» und «Der Mythos» heissen die Kapitel des in Berlin lebenden Journalisten. Zu diesen thamatischen Texten kommen ein kleines Lexikon des Spaghetti-Westerns, ein Interview mit Quentin Tarantino, unzählige Fotos aus Filmen, eine ewige Bestenliste. Ein schönes, aber blutiges Stück Kulturgeschichte. Ein Buch, das einen leicht ins Schwelgen bringt.