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Edna Epelbaum, Kinobetreiberin und Präsidentin des Kinoverbandes
Aus Kontext vom 07.03.2021. Bild: Samuel Emch
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Filmbranche im Umbruch Schweizer Filmbusiness wappnet sich für die Zukunft

Streaming-Plattformen stehlen dem Kino die Show. Die Branche muss sich anpassen, um zu überleben – auch in der Schweiz.

Die Zukunft des Kinos ist ungewiss. Denn längst müssen wir selbst für den neusten Kinohit das Haus nicht mehr verlassen – Streaming sei Dank. Diese digital getriebenen Veränderungen haben weitreichende Auswirkungen auf die globale Filmwirtschaft.

Eine Folge davon ist die «vertikale Integration», in der Filmbranche das Schlagwort der Stunde. Es bezeichnet die Eliminierung des Zwischenhandels, das heisst: Wer die Filme produziert, bringt sie auch in Eigenregie zum zahlenden Publikum.

Was ist «vertikale Integration»?

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Legende: Alamy Stock Foto / Chris Bardgett

Vertikale Integration bezeichnet die Zusammenführung von Wertschöpfungs-, Zuliefer- oder Endverkaufsbetrieben unter einem Firmendach. Die klassischen Hollywood-Studios praktizierten das etwa, indem sie Filme nicht nur produzierten, sondern auch den Verleih, die Werbung und schliesslich die Kinoketten als Auswertungsstätten selbst betrieben – und damit alle Zwischenhändler ausschalteten.

Aktuelle Beispiele für vertikale Integration sind Firmen wie Disney oder Netflix: Sie produzieren Filme, die später oft ausschliesslich über die firmeneigenen Streamingdienste zugänglich sind.

Mit dieser neuen vertikalen Integration über eigene Streaming-Plattformen wird die traditionelle Verwertungskette komplett ausgeschaltet – vom Weltvertrieb über die lokalen Filmverleiher bis hin zu den Kinobetreibern. Die Schonfristen, welche den Kinos traditionell das Erstauswertungsrecht garantierten, bevor PayTV, Datenträger, Streaming und schliesslich FreeTV die Restauswertung übernahmen, werden dadurch hinfällig.

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Thierry Spicher, Filmproduzent
aus Kontext vom 07.03.2021. Bild: ZVG
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Eine mögliche Folge der «vertikalen Integration» beschreibt der Westschweizer Filmproduzent Thierry Spicher: Er hält es für wahrscheinlich, dass die grossen Filmproduzenten mit ihren Streaming-Plattformen die grossen Kinoketten als kurzfristige Startrampen für ihre Blockbuster aufkaufen. Dafür sprechen etwa die konkreten Pläne von Amazon, die angeschlagene US-Kinokette AMC zu übernehmen.

Solidarität statt gegenseitige Verdrängung

Edna Epelbaum, Kinobetreiberin und Präsidentin des Schweizer Kinoverbandes, ist trotzdem verhalten optimistisch: «Einerseits glaube ich, dass jedes Filmstudio seine eigene Streaming-Plattform braucht. Gleichzeitig aber bleiben Kinos für die Studios auch in Zukunft wichtig. Kinos schlagen die Brücke zwischen Produzenten, Verleihern und dem Publikum.»

Eine jüngere Frau steht vor dem Eingang zu einem Kinosaal, der mit roten Sesseln bestückt ist.
Legende: Sie sieht Kinobetriebe als Erlebnisorte und Treffpunkte: Edna Epelbaum, Präsidentin des Schweizer Kinoverbands. Alexander Jaquemet

Um so wichtiger werde für Schweizer Kinobetreiber darum aber die Öffnung für ein breiteres Publikum, der verstärkte Einsatz der Kinobetriebe als Erlebnisorte, als Treffpunkte, als Diskussionsplattformen über den reinen Filmbetrieb hinaus.

Gleichzeitig brauche es die Zusammenarbeit aller Akteure in der Schweiz: nicht nur die der Kinobetreiber untereinander, sondern auch den gemeinsamen Auftritt mit den Filmverleihern und mit den lokalen Produzenten. Lokale Solidarität für die Filmkultur statt gegenseitige Verdrängung.

Aus einer Hand organisiert

Ein Schweizer Produktionshaus hat den letzten Schritt zur lokalen vertikalen Integration bereits vollzogen: DCM übernahm letzen Sommer die Zürcher Arthouse-Kinos.

Das biete klare Vorteile, sagt Stephanie Candinas von DCM Film Distribution. Für die DCM-eigenen Filmproduktionen und -Koproduktionen, wie etwa den Astrid-Lindgren-Film «Astrid», könne die ganze Promotionsarbeit inklusive Kontakt mit den Filmemachern und eventuellen Kinogesprächen aus einer Hand organisiert werden.

Drei gut gekleidete junge Männer.
Legende: Sie hatten Kapital, Know-how und vor allem Begeisterung: Vor zwölf Jahren gründeten die drei jungen Unternehmer Dario Suter, Christoph Daniel und Marc Schmidheiny Filmproduktionsfirma DCM. IMAGO / Eventpress

«Es ermöglicht uns, von Beginn an in Kontakt zu sein mit den beteiligten Regisseuren und Produzenten», sagt Stephanie Candinas. «Dadurch können wir die Beziehungen so gut aufbauen, dass gezieltes Marketing für einen Film im Filmverleiherbereich möglich ist. Bis zum Kinosaal, wo wir das Feedback direkt vom Zuschauer haben.»

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Stephanie Candinas, DCM Filmdistribution Schweiz
aus Kontext vom 07.03.2021. Bild: Marc Schmidheiny
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Auch wenn der DCM-Verleihkatalog und die Eigenproduktionen nicht ausreichen, um die Arthouse-Kinos damit exklusiv zu bestücken, erleichtern eigene Kinobetriebe die Planung und die Flexibilität. So will Stephanie Candinas auch nicht ausschliessen, dass dereinst etwa das Berliner Delphi-Kino, aus dem der von DCM übernommene Verleih hervorgegangen ist, in ein ähnliches lokales Konstrukt integriert wird.

Nur Zusammenarbeit hat Zukunft

Die vertikale Integration erzeugt Marktmacht. Mittlerweile werden darum auch in der Schweiz Besitzverhältnisse nicht mehr versteckt, sondern demonstriert.

Die Kitag-Gruppe, die rund 80 Leinwände betreibt, heisst neu «Blue Cinema»: «Blue» ist dabei die Dachmarke der Besitzerin Swisscom. Der Swisscom-Kabelanbieter Teleclub wurde zu «Blue+», Swisscom TV zu «BlueTV» und das Webportal Bluewin zu «BlueNews». Gaming und E-Sport sollen ebenfalls unter dem Dach «blue.ch» integriert werden.

Im Prinzip wird damit demonstriert, was Kinobetreiberin Edna Epelbaum und DCM-Managerin Stephanie Candinas mit verstärkter Zusammenarbeit aller Akteure in der Schweiz meinen: Man bemüht sich darum, gemeinsam die Sichtbarkeit zu erhöhen, den Werbeaufwand zu bündeln und letztlich die Kundschaft möglichst breit an sich zu binden. Genau das, was auch die globalen Konzerne anstreben.

Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 8.3.2021, 9:03 Uhr

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