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Filme schauen in Corona-Zeiten Fahrersitz statt Kinosessel – die Wiederentdeckung des Autokinos

In Deutschland boomen die Autokinos – natürlich wegen Corona. Schweizer Veranstalter haben noch kein grünes Licht.

Autokino – das perfekte Konzept in Zeiten von Corona. Man ist raus aus dem Wohnzimmer, sitzt jedoch im eigenen Auto. Man hat genügend Abstand zu den anderen Zuschauern und ist doch nicht allein.

Das Kinoerlebnis mit grosser Leinwand ist da, der Ton kommt praktischerweise aus dem Radio. Snacks und Getränke darf man selber mitbringen.

In Deutschland gibt es nicht nur Filme als Drive-In, sondern auch Konzerte, Gottesdienste, sogar Strip-Shows.

Ein altes schwarz-weiss-Foto: Auf einer Leinwand läuft ein Film, davor sind viele Autos prakiert.
Legende: In den USA boomten die Autokinos in den 1950er- und 1960er-Jahren. Imago Images/United Archives International

Strenge Auflagen für Autokinos

Das Geschäft boomt. «Man kann ja sonst nichts machen», sagt eine Besucherin des Autokinos Essen. Ein Besucher ergänzt: «Statt auf der Couch zu sitzen, gehen wir halt mal ins Autokino.»

Wie in der Schweiz sind in Deutschland Kinos und Theater zu. Viele Autokinos mussten ebenfalls ihre Tore schliessen. Normalerweise haben sie das ganze Jahr über Saison.

Nur wenige durften offen bleiben – unter strengen Auflagen: weniger Autos, nur elektronische Tickets, Snackbar geschlossen. Das schreckt die Leute nicht ab. Die meisten Veranstaltungen sind ausgebucht.

Das erinnert an die Glanzzeiten des Autokinos. Das erste eröffnete 1933 in den USA. Den grossen Boom erlebten sie in den 1950er- und 1960er-Jahren. Beliebt waren Horror-, Science-Fiction- und Actionspektakel.

Oft war der Film Nebensache. In den grossen Limousinen konnte man unbeobachtet rauchen, Alkohol trinken und knutschen. Den Niedergang brachte in den 1970er-Jahren die Verbreitung von TV und Video-Player.

Ein altes schwarz-weiss-Foto: Eine Frau und ein Mann küssen sich in einem Auto.
Legende: Der Film spielt vorne. Ist aber eigentlich egal. Getty / American Stock Archive

Schweizer Autokino-Saison noch nicht eröffnet

Auch in der Schweiz finden seit Jahren Drive-In-Kinos statt. Im Gegensatz zu Deutschland aber nur während der Sommermonate.

Marco Stadler ist Präsident des Autokinos Muri, einem der ältesten Autokinos der Schweiz. Zum 24. Mal sollte es Ende Juli durchgeführt werden. Ob und wie das möglich ist, weiss Stadler noch nicht.

So viele Anfragen wie noch nie

«Vielen Auflagen des Bundes können wir entgegenkommen», sagt Stadler. Er und sein Team diskutieren bereits einige Lösungen. Wenn zu wenige Autos aufs Gelände dürfen oder die Bar gar nicht geöffnet werden darf, lohne sich der Aufwand finanziell aber vielleicht nicht mehr.

Marco Stadler hofft, dass das Autokino stattfinden wird. Denn auch in der Schweiz ist der Hype um Autokinos gerade gross. «Wir bekommen so viele Anfragen zur Durchführung wie noch nie», sagt Marco Stadler.

Eine Wiese mit einer Leinwand, davor viele Autos.
Legende: Normalerweise stehen die Fahrzeuge im Autokino Muri nahe zusammen. Gregor Galliker

Doch die Anpassungen haben auch Grenzen. «Im Autokino geht es nicht nur ums Filmschauen», sagt Stadler. Das Autokino Muri ist Treffpunkt für Auto-Fans.

Viele reisen normalerweise einige Stunden vor Kinostart an, um ihre Autos zu präsentieren und andere zu bestaunen. «Es ist auch ein Erlebnis. Wenn dieses nicht mehr gewährleistet ist, da die Gäste nicht aussteigen dürfen, macht unser Autokino keinen Sinn.»

Noch warten die Schweizer Veranstaltenden auf den Entscheid des Bundesrats am 27. Mai zu weiteren Lockerungen. Bis dahin können sie von einem Ansturm wie in Deutschland träumen.

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