«Ich werde euch nicht das Geschenk machen, euch zu hassen. Auch wenn es das ist, was ihr wollt. Auf den Hass mit Wut zu antworten, hiesse, der gleichen Ignoranz nachzugeben, die euch zu dem gemacht hat, was ihr seid.»
Mit diesen Worten wendet sich der Journalist und Autor Antoine Leiris auf Facebook an die Attentäter, nachdem seine Frau beim Anschlag auf das Pariser Konzertlokal Bataclan vor sieben Jahren ums Leben gekommen ist. Der Beitrag geht um die Welt.
Aus Sicht der Opfer
«Meinen Hass bekommt ihr nicht» ist auch der Titel seines Romans, in dem Leiris später seine traumatische Erfahrung verarbeitet. Darauf basiert ein gleichnamiger Film, der jetzt im Kino startet.
Der deutsche Regisseur Kilian Riedhof zeigt darin einen zerrissenen Antoine Leiris (dargestellt von Pierre Deladonchamps). Einen Vater, der seinem knapp zwei Jahre alten Sohn das Unfassbare erklären muss: dass Mama nicht mehr nach Hause kommt. Und der sich trotzdem für die Hoffnung entscheidet.
«Liebe ist mühsam, aber sie ist das beste Mittel gegen Hass», erklärt Regisseur Kilian Riedhof. Auch deshalb war für ihn klar, dass er konsequent aus der Perspektive der Opfer erzählen will. Die Täter sind im Film nie zu sehen.
«Die Gefahr bei so einem Stoff ist, dass man Tätern eine Bühne gibt, sie glorifiziert», meint Riedhof. «Die Perspektive der Opfer, diese Ohnmachtserfahrung, kommt meistens zu kurz.»
Viermal Trauma als Thema
Den Tätern möglichst keine Bühne geben: Diesem Prinzip folgen auch die drei anderen Filme, die sich mit den Anschlägen befassen – wenn auch nicht so konsequent wie Kilian Riedhof.
«Novembre» des Franzosen Cédric Jimenez fokussiert im Stil eines Thrillers auf die Jagd nach den Tätern, aus der Perspektive der Polizei.
In «Revoir Paris» (Alice Winocour) versucht eine Überlebende, durch die Rekonstruktion der Schreckensnacht ihr Trauma zu überwinden. Auch die spanische Produktion «Un año, una noche» (Isaki Lacuesta) widmet sich dem Umgang mit dem Trauma.
Dass sich gerade jetzt vier Filme mit den Anschlägen von Paris beschäftigen, dürfte dem Zufall geschuldet sein. Beziehungsweise der Tatsache, dass Finanzierung und Umsetzung solcher Filmprojekte meist ein paar Jahre dauern und sie jetzt so weit sind.
Der Fokus der Filme auf die Zeit nach den Anschlägen hingegen, auf den Umgang mit dem Durchlebten, ist kein Zufall. Filme wie «Meinen Hass bekommt ihr nicht», die sich dem Trauma mit viel Feingefühl annehmen, können im besten Fall selbst zu dessen Verarbeitung beitragen.
Das hofft auch Kilian Riedhof: «Kunst und Film im Speziellen können durch ein kollektives Erleben dazu beitragen, dass Wunden heilen. Weil es Bewusstsein schafft. Weil es Erinnerungen zurückbringt. Das haben uns auch Leute in Paris nach den Aufführungen gesagt.»
Es sind aufwühlende Filme. Die persönlichen Geschichten gehen einem nah, manchen vielleicht zu nah. Doch sie geben auch Hoffnung: Dass man Horror und Hass mit Menschlichkeit begegnen kann, dass einzelne Menschen und eine Gesellschaft ein solches Trauma überwinden können. Eine wichtige und sehr aktuelle Botschaft.
«Meinen Hass bekommt ihr nicht» läuft seit dem 10. November im Kino.