In der etwas unübersichtlichen Palette an Ehrenpreisen, die jeweils am Filmfestival von Locarno vergeben werden, bekommt Adrien Brody den Leopard Club Award.
Eine Auszeichnung, die der Förderverein des Festivals ausrichtet – also nicht ein Sponsor – und die vergeben wird an «grosse Persönlichkeiten des Films, die sich durch ihre Arbeiten in das kollektive Gedächtnis eingeprägt haben».
Zu jung für den Preis?
Das Branchblatt «Variety» bezeichnete Brodys Auszeichnung leicht irreführend als «Preis für das Lebenswerk» , was natürlich die Frage mit sich zog, ob der Mann nicht ein wenig jung sei für diese Sorte von Anerkennung.
Es ist nicht von der Hand zu weisen: Brody ist eindeutig das Nesthäkchen in einer Preisträgerliste, die bislang Faye Dunaway (2013), Mia Farrow (2014), Andy Garcia (2015) und Stefania Sandrelli (2016) umfasst.
Die Rolle seines Lebens
Brody hat allerdings schon Erfahrung im frühzeitigen Entgegennehmen von Ehrungen: Als er 2003 den Oscar als bester Schauspieler für «The Pianist» überreicht bekam, war er gerade einmal 29 Jahre alt.
Damit ist er bis heute der jüngste Gewinner in dieser Kategorie. In seiner Preisrede bedankte sich Adrien Brody auch prompt beim Regisseur Roman Polanski für «die Rolle seines Lebens».
Brody in der Schweiz
Dieser gewagten Formulierung kann man rückblickend immer noch zustimmen. Bis heute bleibt seine Interpretation des Komponisten Wladyslaw Szpilman (der Film basiert auf einer wahren Geschichte) eine seiner eindrücklichsten Leistungen, zumal Brody wie Szpilman polnisch-jüdische Wurzeln hat.
«The Pianist» wird auch der Film sein, den das Filmfestival von Locarno in Anwesenheit von Adrien Brody zeigt.
Mut bei der Rollenwahl
Was die Wahl seiner Rollen anbelangt, hat Brody in Interviews mehrfach betont, dass er sich niemals für Geld allein in Projekte einspannen lässt, die ihm persönlich nicht zusagen – es ist dies wohl die Freiheit, die eine Oscar-Statuette mit sich bringt.
Tatsächlich beweist ein Blick auf seine Filmografie, dass die meisten Brody-Filme Herzensangelegenheiten gewesen sein müssen. Oder sie waren jeweils mit einer spezifischen Herausforderung verbunden.
Grosse Lust auf kleines Budget
Auffallend ist zudem, dass sich Brody nach dem Erfolg mit «The Pianist» auffallend selten klassische dramatische Rollen annahm, sondern sich stattdessen gerne für originelle Genre-Produktionen hergab, die über keine enormen Budgets verfügten.
Der komplex angelegte Thriller «The Jacket» (2005) war so ein Fall, aber auch der Brutalo-Horror «Giallo» (2009) von Dario Argento dürfte ein Wagnis gewesen sein, sowie das bizarre Science-Fiction-Melodrama «Splice» von Vincenzo Natali (2009).
Da, wo man ihn nicht erwartet
In der letzten Zeit ist es etwas ruhiger geworden um Adrien Brody. Seit «The Grand Budapest Hotel» (2014) von seinem Freund Wes Anderson hat es keiner seiner Filme mehr in die Schweizer Kinos geschafft.
Was sicher auch damit zu tun hat, dass man Brody immer wieder dort antrifft, wo man ihn nicht erwartet. In Komödien etwa, oder an der Seite von Jackie Chan und John Cusack, in einem chinesischen Römer-Actionfilm namens «Dragon Blade» (2015).
Plaudern mit Brody
Auch in Locarno wird Adrien Brody keinen neuen Film promoten, sondern ein öffentliches Gespräch mit dem Publikum führen.
Auf der Piazza Grande wird er seinen Preis entgegennehmen und den Anlass allgemein mit seinen Starqualitäten aufwerten. Was ihm aufgrund seines natürlichen Charismas nicht schwerfallen dürfte.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 4.8.2017, 12:10 Uhr.