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Filmfestival Locarno «Meine Mutter wollte nicht, dass ich Schauspieler werde»

Der Indie-Star Jason Schwartzman ist momentan am Filmfestival Locarno in «Listen Up Philip» zu sehen. Ein Gespräch über seine berühmte Familie, Musik und das Problem, eine unerträgliche Person zu spielen.

Ihre Figur ist so unsympathisch und unerträglich, ich glaube, ich hätte das Skript hingeworfen und zurückgeschickt.

Jason Schwartzman: Lustig, dass Sie das erwähnen. Als ich das Skript zu «Listen Up Philip» las, dachte ich bereits nach ungefähr fünf bis zehn Seiten: Diese Person ist einfach inakzeptabel. Und ich habe es weggelegt. Eine Stunde später dachte ich: Hm, was macht dieser Typ wohl gerade? Ich las weiter und dachte bald wieder: Nein, ich muss aufhören. Aber dann eine Stunde später wollte ich wieder wissen, was mit ihm ist. Das Skript hat mich zurückgerufen. Nach einem Tag dachte ich: Irgendwas ist da dran, ich war gleichzeitig angezogen und abgestossen von diesem Charakter.

Jason Schwartzman

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Der Musiker und Schauspieler wurde 1980 in Los Angeles geboren. Bereits durch seine erste Rolle im Wes Anderson-Film «Rushmore» wurde er weltbekannt. Schwartzman wuchs im Umfeld vieler bekannter Schauspieler auf: Seine Cousins sind Sophia Coppola und Nicolas Cage. Seine Mutter Talia Shire, sein Onkel ist Francis Ford Coppola.

Und das blieb so während dem Dreh?

Zuerst wollten wir ihn ein bisschen akzeptabler, ein weniger netter machen. Aber je mehr wir über mögliche Szenen diskutierten, desto schlimmer kam Philip rüber. Er ist manchmal so grausam, dass ein wenig zusätzliche Nettigkeit ihn nur noch schlimmer gemacht hätte. Es war also das beste, den Charakter simpel zu halten und einfach direkt zu sein. Ihn sagen zu lassen, was er denkt.

Wie bereitet man sich auf so eine Rolle vor?

Das Skript ist extrem lang – etwa doppelt so lang wie ein normales Skript. Ich musste zuerst alle Sätze lernen. Ich habe das Skript jeden Tag gelesen – diesen Trick habe ich von Jeff Goldblum gelernt, den ich während dem Dreh zu «Grand Budapest Hotel» kennengelernt habe. Er sagte mir: Ich lese meine Skripts jeden Tag, denn jeden Tag entdecke ich etwas Neues darin. Ich dachte: interessante Technik. Und es funktioniert! Aber hauptsächlich hing ich einfach mit Alex (Ross Perry, Regisseur, Anm. d. Red.) rum und sprach mit ihm über Philip, als ob er eine reale Person wäre.

Ike, ihr Mentor im Film, ist ja beinahe der selbe arrogante und ignorante Typ wie Philip. Wie war das als Schauspieler mit jemandem zu spielen, der eigentlich fast die gleiche Rolle spielt?

Irgendwann haben wir tatsächlich erkannt, dass Philip und Ike sich eigentlich wie zwei alte Männer verhalten. Einerseits bewundert Philip Ike, andererseits ist er mit ihm aber auch auf Augenhöhe – wie ein Kumpel. Ich käme natürlich nie auf die Idee mich im echten Leben mit Jonathan Pryce zu vergleichen – er hat so viel mehr Erfahrung. Aber im Film hat es Spass gemacht.

Bill Murray und Jason Schwartzman in «Rushmore».
Legende: Bill Murray und Jason Schwartzman in «Rushmore» von Wes Anderson. Buena Vista Pictures

Hatten Sie im echten Leben auch einen Mentor?

Sicher Wes Anderson. Er gibt mir Ratschläge. Natürlich ist es nicht ganz dasselbe – wir sind vom Alter her näher zusammen als Philip und Ike. Aber sicher auch Bill Murray war wichtig für mich – mit ihm zusammenzuarbeiten war ein grosses Erlebnis für mich. Wenn er etwas sagt, höre ich zu. Wenn er in der Nähe ist, bin ich immer noch aufgeregt, nervös und will etwas von ihm lernen.

Wenn man über Jason Schwartzman liest, dann eigentlich immer im Zusammenhang mit Wes-Anderson-Filmen. Haben Sie sich dran gewöhnt?

Wie Sie vielleicht wissen, ist es extrem schwer, jemanden zu finden, mit dem man gerne sehr lange rumhängt – und sogar auch noch zusammenarbeitet. Die meisten Leute mögen die Leute nicht, mit denen sie arbeiten. Ich habe also unglaubliches Glück, dass ich beides in einer Person gefunden habe. Einen wahren, engen Freund und gleichzeitig meinen liebsten Arbeitskollegen. Wes hat mich entdeckt. Er ist mein Mentor. Das ist eine Tatsache in meinem Leben und ich habe keine Probleme damit, dass sie immer wieder erwähnt wird.

Kirsten Dunst und Jascon Schwartzman im Film «Marie Antoinette».
Legende: Im Film «Marie Antoinette» seiner Cousine Sophia Coppola spielte Schwartzman den König Louis XVI. Columbia Pictures

Ihre Familie wird auch immer erwähnt – ihr Onkel ist Francis Ford Coppola, ihr Cousin Nicolas Cage, ihre Mutter ist Schauspielerin – wie beeinflusst sie das?

Meine Mutter (Talia Shire, Anm. d. Red.) liebt Filme und Musik über alles. Wenn ich als kleiner Junge von der Schule nach Hause kam, schaute sie alte Filme und hörte laut Musik. Das machen die meisten Eltern nicht. Es fühlte sich immer so an, als ob die Musik ihre Nahrung sei. Ich erkannte also schon früh, dass meine Mutter sehr viel Zeit mit diesen Dingen verbrachte und dachte mir: hinter Filmen und Musik müssen weit mehr sein als blosse Unterhaltung. Natürlich ist sie Schauspielerin, aber sie mochte Hollywood nicht wirklich. Ich bin sicher, sie wollte nicht, dass ihre beiden Söhne ebenfalls Schauspieler werden. Aber sie unterstützt uns voll. Und sie ist eine tolle Schauspielerin – ich mag ihre Inputs.

Musik spielte also eine wichtige Rolle. Sie haben selbst eine Band und bei Youtube gibt es dieses Video, dass sie als leidenschaftlicher Plattensammler zeigt. Ich dachte immer, es wäre toll von Jason Schwartzman ein paar Musiktipps zu bekommen.

Es gibt so viele tolle Bands. Ich höre jeden Tag Musik. Ich liebe das neue Spoon-Album «They want my soul». Auch «Lost in the Dream», das neue Album von War on Drugs ist grandios. Dann mag ich die Band Real Estate, ihr letztes Album «Atlas» war auch toll. Dann höre ich in letzter Zeit oft The Five Stairsteps, eine Soul-Gruppe aus den 1960er- und 1970er-Jahren. Viel The Stone Roses, Beach Boys, Beatles. Aber vor allem Spoon.

Gibt es ihre Band noch?

Coconut Records? Ja eigentich bin das nur ich – und wer sonst noch gerade da ist und Zeit hat. Musik machen entspannt mich. Auch wenn ich die Musik von anderen Bands spiele – ich versuche so oft wie möglich Musik zu machen. Es gibt mir ein gutes Gefühl.

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