Die Stars sind ein Markenzeichen des Zurich Film Festival. Bei der 14. Ausgabe dabei: Donald Sutherland, Viggo Mortensen, Judi Dench und Johnny Depp. Ein Staraufgebot, das mit Topfestivals mithalten kann. Und trotzdem: Zu den wirklich wichtigen Festivals wie Cannes, Venedig oder Berlin zählt Zürich bekanntlich nicht. Woran liegt's?
Die Filmexperten benennen das Hauptproblem seit Jahren: Es seien die Weltpremieren – quantitativ und qualitativ habe das ZFF hier noch Steigerungspotenzial. Denn schliesslich sind sie quasi die Währung der Filmfestivals, ausschlaggebend fürs internationale Renommee.
Zürich setzt oft auf Filmperlen, die bereits anderswo die grosse Premiere feierten. Festivaldirektor Karl Spoerri sagt, für ihn hätten die Weltpremieren keine Relevanz: «Wir wollen einfach gute Filme zeigen. Weltpremieren sind vielleicht für die Branche und die Presse interessant, weniger für das Publikum.»
Zunahme Weltpremieren
Und doch: Wer sich die Zahlen genauer anschaut, merkt, dass sich das Festival in diesem Punkt gut entwickelt hat. 2007 und 2008 waren es gerade mal zwei Weltpremieren. In den letzten beiden Jahren hat sich die Zahl bei 12 eingependelt.
Scott Roxborough vom «Hollywood Reporter» – einer der wichtigsten Filmzeitschriften – deutet die Entwicklung so: «Zürich ist wichtiger geworden im Festivalzirkus. Es bietet eine richtige Premiere, eine gute Plattform. Das Festival ist gewachsen und hat sich gut positioniert. Jetzt ist es als Filmemacher nicht mehr peinlich, am ZFF Weltpremiere zu feiern, sondern es wird als gute Marke gesehen.»
Grössere Bedeutung im deutschsprachigen Raum
Elf Weltpremieren betreffen Produktionen aus der Schweiz, Österreich oder Deutschland. Darunter Filme von bekannten deutschsprachigen Regisseuren wie Marcus H. Rosenmüller mit dem Biopic «Trautmann», Michael «Bully» Herbig mit dem Drama «Ballon» und Sönke Wortmann, der die Komödie «Der Vorname» zeigt.
Genau für Filme wie «Der Vorname» sei Zürich das ideale Pflaster, so der deutsche Filmjournalist Christian Aust. Denn das ZFF habe im Gegensatz zu Festivals wie der Berlinale keine Berührungsängste gegenüber Unterhaltungsfilmen.
Und doch gehört Zürich für viele in der Branche nicht zur ersten Wahl. Das Ringen um Relevanz und Weltpremieren bleibt hart. Die richtige Platzierung eines Films sei eine Wissenschaft, so Produzent Ivan Madeo.
Sein Film «Der Läufer» feierte die Weltpremiere in San Sebastián. «San Sebastián gehört zu den fünf, sechs grössten Filmfestivals der Welt. Wenn man dort starten kann, hat man die ganze Auswahl der Festivals, die darunter folgen. Das verlängert die Karriere eines Films, er hat eine bessere Visibilität und Vermarktungsmöglichkeit», erklärt Madeo die Entscheidung.
Der Coup: Weltpremiere mit Johnny Depp
Ein Coup ist dem jungen und vergleichsweise kleinen Festival dieses Jahr gelungen: die Weltpremiere von «Richard Says Goodbye» mit Johnny Depp. Das Resultat des guten Beziehungsnetzes der Festivalleitung, die Greg Shapiro, Johnny Depps Produzenten, schon seit Jahren kennt.
Entwicklung des Filmfestivals
Wie wird sich das ZFF weiter entwickeln? SRF-Filmjournalist Michael Sennhauser ist überzeugt: Für ein grösseres internationales Renommee bräuchte es neben grossen Weltpremieren vor allem einen Wettbewerb, der eine Nische bediene. Wie zum Beispiel Locarno, das auf Neuentdeckungen setze. «So lange sich das ZFF auf die grossen Gala-Premieren fokussiert, bleibt es, was es ist. Und der Wettbewerb ist Beigemüse, auch wenn er besser wurde die letzten Jahre. International relevant ist er noch nicht.»
Sendung: Filmfestival Zürich – Das Spezial, SRF 1, 3.10.2018, 23:00 Uhr.