Bonnie Parker (Faye Dunaway) lernt Clyde Barrow (Warren Beatty) kennen, als er gerade versucht, das Auto ihrer Mutter zu klauen. Fasziniert von seinem Leben als Gesetzloser folgt sie ihm.
Doch so romantisch, wie die junge Texanerin sich das vorgestellt hat, wird es nicht. Denn Clyde entpuppt sich nicht nur als impotent, sondern auch als inkompetent.
Da er seine Überfälle auf kleine Banken, Lebensmittelgeschäfte und Tankstellen nie plant, erbeutet er oft nur ein paar Dollar. Fast scheint es, es sei ihm wichtiger, seinen Namen in der Zeitung zu lesen, als reich zu werden. Nachdem er einen Polizisten ermordet hat, sind alle Gesetzeshüter hinter dem Liebespaar her.
Das reale Gangsterpaar
Der Film basiert auf einer wahren Geschichte. Clyde Champion Barrow (1909-1934) war ein Kleinkrimineller, der 1930 in die Gefängnisfarm Eastham kam. Nachdem er dort mehrfach von einem Mithäftling vergewaltigt worden war, soll er nicht mehr derselbe Mensch gewesen sein. Erst dieses traumatische Erlebnis soll ihn zum brutalen Mörder gemacht haben.
Davon ist in Arthur Penns Film 1967 keine Rede. Stattdessen wird Clyde als impotent dargestellt, wofür es keinerlei historische Belege gibt. Dass Clyde jedoch wie im Film hinkte, weil er sich in Eastham mit der Axt zwei Zehen abhackte, um sich vor der Arbeit zu drücken, ist wahr.
Bonnie Elizabeth Parker (1910-1934) lernte Clyde kurz vor der zweijährigen Haft kennen. Nachdem er 1932 entlassen wurde, blieb sie an seiner Seite. Die beiden entkamen der Polizei regelmässig und wurden dank Zeitungsberichten bald zu einer landesweiten Sensation.
Die Menschen, die nach der 1929 einsetzenden Wirtschaftskrise immer noch darbten, fanden es toll, dass Bonnie und Clyde den Banken eins auswischten. Dass sie ein Liebespaar waren, gab dem Ganzen noch einen romantischen Touch.
Der «Summer of Love»
Über 30 Jahre später, im Juni 1967, zelebrierten die Hippies am Monterey Pop Festival, dem ersten grossen Musikfestival überhaupt, mit Grateful Dead und Jimi Hendrix «Love & Peace».
Machten ausgerechnet diese friedliebenden Blumenkinder «Bonnie and Clyde», den bis dato brutalsten Hollywood-Film, zu einem Kassenschlager? Auf den ersten Blick sieht das wie ein Widerspruch aus.
Doch was die jungen Menschen an dem Film begeisterte, war die Anti-Establishment-Haltung des Gangsterpärchens. Diese Haltung deckte sich mit den Gefühlen der amerikanischen Jugend im Sommer 1967, als die Ablehnung des Vietnam-Kriegs immer grösser wurde.
Der Film und die Musik
Wie sehr Arthur Penns Film den Zeitgeist traf, zeigte sich darin, dass Popmusiker den Mythos des Gangsterpärchens sogleich aufgriffen. Georgie Fame veröffentlichte im März 1968 den Hit «Ballad of Bonnie & Clyde». Kurz darauf sang der amerikanische Countrymusiker Merle Haggard «The Legend of Bonnie and Clyde».
Serge Gainsbourg und Brigitte Bardot hauchten «Bonnie and Clyde» auf Französisch. Dieses Chanson wird bis heute immer wieder gecovert, unter anderem von Belinda Carlisle und Madison. Es war auch in einer Episode von «Mad Men» zu hören. Das Ehepaar Jay-Z und Beyoncé nahmen 2002 den Rap-Song «Bonnie and Clyde» auf.
Die Filmstars
Warren Beatty war 1967 schon ein Star. Er war nicht nur Hauptdarsteller, sondern produzierte «Bonnie and Clyde» auch. Als Geldgeber konnte er mitreden und soll sich am Set ständig mit Regisseur Arthur Penn gestritten haben.
Das Filmstudio Warner Brothers soll so wenig an den Film geglaubt haben, dass es dem Hauptdarsteller und Produzenten statt einer Gage 40 Prozent der Einkünfte zugestand. Bei geschätzten Kosten von 2,5 Millionen Dollar spielte der Film weltweit 70 Millionen Dollar ein.
Faye Dunaway war 1967 noch weitgehend unbekannt und wurde dank «Bonnie and Clyde» über Nacht zum Star. Frauen auf der ganzen Welt begannen Berrets zu tragen, weil Bonnie in diversen Szenen eins auf dem Blondschopf hatte. Dass Faye Dunaways Filmfrisur nicht den 1930er-Jahren entsprach, interessierte niemanden.
Die Oscarpanne
«Bonnie and Clyde» erhielt 1968 zehn Oscar-Nominationen, wovon zwei vergoldet wurden: beste Kamera und beste Nebendarstellerin (Estelle Parsons). Um 50 Jahre «Bonnie and Clyde» zu feiern, durften Warren Beatty (80) und Faye Dunaway (76) dieses Jahr den Oscar für den besten Film präsentieren.
Was folgte, war die grösste Panne in der Geschichte der Academy: Warren Beatty wurde ein falscher Umschlag ausgehändigt. Als er ihn öffnete, reagierte er sichtlich irritiert, was verständlich ist. Denn er las «‹La La Land› - Emma Stone». Auf dem Zettel hätte aber der Name eines Produzenten stehen sollen, nicht derjenige einer Schauspielerin.
Als Faye Dunaway ihn drängte, den Filmtitel vorzulesen, übergab Beatty Zettel und Umschlag kurzerhand ihr, und Dunaway verkündete fröhlich, «La La Land» habe gewonnen. Nur Minuten später musste das korrigiert werden: Der eigentliche Gewinner war «Moonlight». Warren Beatty und Faye Dunaway sorgen also immer noch für Unruhe.