Heinrich Gretler kam am 01.10.1897 in Zürich als Sohn eines Chemielaboranten zur Welt. Nach dem Besuch des in Küsnacht (ZH) arbeitete er 1918-26 als leichte Tenorstimme im Zürcher Stadttheater und erhielt Schauspielunterricht bei Josef Danegger. Seine ersten Rollen in Opern und Operetten sang er auf der Pfauenbühne Zürich.
1929-32 spielte er in Berlin bei Max Reinhardt am Deutschen Theater, bei Erwin Piscator im Theater am Schiffbauerdamm sowie im Kabarett Tingeltangel. Er übernahm erste Filmrollen in Phil Jutzis «Berlin Alexanderplatz» (1931) und Fritz Langs «Das Testament des Dr. Mabuse» (1933). Mit Bertolt Brecht ging er auf eine Theatertournee nach Frankreich und England.
Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung kehrte er in die Schweiz zurück und wurde 1935 Mitglied des Cabarets Cornichon. Als Ensemblemitglied des Zürcher Schauspielhauses (1938-52 und 1964-75) wirkte er an zahlreichen Stücken mit, unter anderen als Wilhelm Tell und als Götz von Berlichingen. Seinen Beitrag zur Geistigen Landesverteidigung leistete er als Soldat im Film «Füsilier Wipf» (1938) und als besonnener Organisator des Widerstands in «Landammann Stauffacher» (1941). Feiner gerieten Gretlers Hauptrollen in den Glauser-Verfilmungen «Wachtmeister Studer» (1939) und «Matto regiert» (1947). Geradezu untypisch war die Aussenseiterrolle als Ex-Zuchthäusler und Amerika-Rückkehrer in der Adaption von Albert Jakob Weltis Mundartstück «Steibruch» (1942).
Filme mit Franz Schnyder
Die nachfolgenden Filmprojekte schien Gretler hauptsächlich als Broterwerb verstanden zu haben. Stereotyp mimte er in über hundert deutschen und österreicher Heimatfilmen den verstockten, störrischen Bauern oder Bergler. Auch seine Darstellung des «Alpöhis» in den beiden Schweizer Produktionen «Heidi» bzw. «Heidi und Peter» (1952 und 1955) erreichte nicht die Vielschichtigkeit der Theaterinterpretationen, für die Gretler 1962 mit dem Hans-Reinhart-Ring, der höchsten Schweizer Theaterauszeichnung, ausgezeichnet wurde. Gretler arbeitete ausserdem für das Schweizer Fernsehen in «Der Tod auf dem Apfelbaum» (1966). Seine letzte Rolle am Schauspielhaus spielte er in der Saison 1973-74 in Joao Bethencourts «Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde».
Gretler, der zu den populärsten Schweizer Film- und Theaterschauspielern des 20. Jahrhundert gehörte, wehrte sich zeitlebens, als helvetisches Monument vereinnahmt zu werden. Selbst nach seinem Tod am 30.09.1977 in Zürich wies seine ihn überlebende Gattin die Bürde nationaler Bedeutung von sich, als sie im Namen des Ehepaares Gretler testamentarisch der Zürcher Jugendbewegung mehrere hunderttausend Franken vermachte.
Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz