«Dieses ist definitiv grösser als das Letzte.» Damit meint der Satelliten-Techniker David Levinson (Jeff Goldblum) das feindliche Raumschiff, kurz bevor es zur Landung ansetzt.
Vor zwanzig Jahren wurde die Erde schon einmal von bösartigen Aliens in Schutt und Asche gelegt. Zum Glück konnten damals todesmutige Kampfpiloten die fiesen Fremdlinge in die Flucht schlagen. Sogar pünktlich zum Unabhängigkeitstag der USA.
Der vereinte Kampf der Nationen führte sogar zum dauerhaften Weltfrieden. Bis jetzt. Denn die Ausserirdischen sind zurück gekommen, um… – ja, um genau was zu tun? Offiziell um natürliche Ressourcen aus dem Erdkern anzuzapfen. Das spielt im Film aber nicht wirklich eine Rolle.
Die Geschichte ist hier zweitranging. Im Vordergrund steht die Effektorgie, zerstörungswütige Aliens und eben – ein noch grösseres Raumschiff. Dieses Mal überdeckt es nicht – wie im ersten Teil – ganz New York, sondern gleich den Atlantischen Ozean.
Das Raumschiff hat sogar Gravitationskräfte, mit denen es ganze Städte aus dem Boden reissen kann, um dann Kuala Lumpur auf London regnen zu lassen. Das ist so absurd, dass es eigentlich wieder lustig wäre. Hätte man nicht das Gefühl, dass man das alles schon mal gesehen hat. Denn «Independence Day: Resurgence» ist letztlich ein modernisierter Abklatsch des ersten Teils.
1. Eines von vielen pathetischen Zitaten
«Es ist der vierte Juli. Sorgen wir für das Feuerwerk!»
Kampfansage vom Sohnemann eines verstorbenen Kampfpiloten aus Teil eins. Will Smith, der 1996 den Helden spielte, konnte für eine Fortsetzung nicht begeistert werden. Deshalb erbt im zweiten Teil sein Film-Sohn die pathetischen One-Liner und befreit diese auch noch vom Humor.2. Der Regisseur
Der deutsche Regisseur und Produzent Roland Emmerich, auch bekannt als der «Hollywood-Schwabe», ist einer der Männer in der Traumfabrik, wenn es um bombastische Katastrophen-Spektakel geht. Die Geschichte seiner Karriere ist dabei nicht weniger spektakulär als seine Filme. Von «Star Wars» inspiriert, setzte er 1984 mit seinem Abschlussfilm an der Hochschule für Fernsehen und Film in München ganz neue Massstäbe. Eine Million Deutsche Mark kostete sein Science-Fiction-Thriller «Das Arche Noah Prinzip», üblich waren 20‘000. Emmerich kam auf den Geschmack des Gigantischen. Mit «Independence Day» gelang dem Schwaben 1996 der internationale Durchbruch. Seitdem spielt Emmerich in der Top-Liga der Hollywood-Regisseure und gehört zu den Spezialisten für Katastrophen-Kracher wie «The Day After Tomorrow» oder «2012». Aussergewöhnlich: Die Filme des Wahlamerikaners aus Stuttgart sind bekannt für einen stark ausgeprägten US-amerikanischen Patriotismus. Gerade in beiden Teilen von «Independence Day» schlägt der Pathos-Pegel an die Grenzen des europäischen Geschmacks.
3. Fakten, die man wissen sollten
Der 4. Juli ist der wichtigste Tag der USA. An diesem Tag erklärten die amerikanischen Kolonisten ihre Unabhängigkeit von England und gründeten die USA. Deshalb ist der Independence Day nicht nur ein normaler Staatsfeiertag, sondern verkörpert das Freiheitsgefühl einer ganzen Nation. In der Unabhängigkeitserklärung wurden auch die Grund- und Menschenrechte festgelegt. Demnach muss der Staat die Gleichheit und Freiheit aller Bürger garantieren. 240 Jahre später bekommt der 4. Juli durch die aktuelle, angespannte Lage nach den Protesten gegen Polizeigewalt noch mal eine ganz neue Symbolkraft.
4. Das Urteil
«Independence Day: Resurgence» will nicht nur grösser und lauter sein als sein Vorgänger, sondern versucht auch auf Gleichberechtigung und Multikulti zu setzen. Ein gut gemeinter Ansatz, doch der Schuss ging komplett nach hinten los. Zwar ist eine Frau US-Präsidentin, aber sie ist ein unbeholfenes Mütterchen, das komplett auf ihre männlichen Berater angewiesen ist. Ausserdem stirbt sie gleich zu Beginn des Films. Vermutlich, damit dann Schauspieler Bill Pullman, der den Präsident in Teil 1 spielte, die flammende Helden-Rede halten darf. Die Idee von Multikulti bedeutet eigentlich auch nicht, die Rolle des Kommandanten mit einem asiatischen Schauspieler zu besetzen, damit dieser dem Klischee entsprechend brutal und diktatorisch die Soldaten herumkommandiert. Solche Stereotypisierungen waren im Hollywood der 1990er-Jahre keine Seltenheit, aber in Zeiten, in denen der Wunsch nach Vielfalt auf der Leinwand wächst, fällt ein solches Schubladisieren stärker ins Gewicht. Es ist eben einfacher, im Kino ganze Kontinente auszulöschen als alte Klischeebilder.
Kinostart: 14.07.2016