Wertmüller wurde 1928 in Rom geboren. Gegen den Willen ihres Vaters studierte sie dort später an der Theaterhochschule. Sie arbeitete als Journalistin, Schauspielerin, Bühnenbildnerin und Autorin. 1963 arbeitete sie als Regieassistentin bei Federico Fellinis Film «8 1/2». Im gleichen Jahr führte sie in «Die Basilisken» zum ersten Mal selbst Regie.
Der Durchbruch als Regisseurin gelang Wertmüller erst in den 1970er-Jahren mit einer Serie von Filmen mit dem italienischen Schauspieler Giancarlo Giannini in der Hauptrolle. Für den Skandalfilm «Sieben Schönheiten» (1975) wurde sie als erste Frau überhaupt für den Oscar als beste Regisseurin nominiert.
Oscar und Stern auf dem Walk of Fame
Zu ihren bekanntesten Filmen zählt «Liebe und Anarchie» (1973), in dem ein Verschwörer ein geplantes Attentat auf Diktator Benito Mussolini im Bordell verschläft.
Fern der Heimat wurde sie in den USA in den 1970er Jahren zur Kultfigur, man nannte sie «die Heilige von New York». Sie selbst bezeichnete sich einmal als «geniale Idiotin».
Ende Oktober 2019 wurde ihr in Los Angeles der Ehren-Oscar für ihr Lebenswerk verliehen, und sie bekam einen Stern auf dem Walk of Fame.
4 Fragen an Filmredaktor Michael Sennhauser
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SRF: Was macht Lina Wertmüllers Filme erfolgreich?
Michael Sennhauser: Wertmüllers Filme enthalten eine eigenwillige Mischung von Opulenz und Groteske in Verbindung mit Sex und dem ungleichen Kampf der Geschlechter. Wobei sie Sadismus und Unterwürfigkeit ebenso oft ihren Männerfiguren wie auch ihren Frauenfiguren zuschrieb.
Wertmüller begann als Regieassistentin bei Fellini – hat sie das geprägt?
Fellinis Einfluss zeigt sich bei ihr vor allem in der Furchtlosigkeit. Und in der barocken Italianità, die vor allem in den 1970er-Jahren in die Welt ausstrahlte. Aber Fellinis Poesie und Gespür für Sentimentalität ersetzte sie für sich dann eher mit wilden Kontrasten und satirischer Überzeichnung.
Wertmüller galt als politisch engagierte Filmemacherin. Wofür setzte sie sich ein?
Sie war zwar eine erklärte Kommunistin und Feministin, entwickelte ihre Drehbücher aber nicht aus Parolen und Positionen heraus, sondern eher persönlich. Das führte auch zu – im Rückblick – interessanten Widersprüchen, wenn sich etwa eine Frauenfigur freiwillig und lustvoll einem kommunistischen Macho unterwirft. Aber grundsätzlich hat sie immer soziale und feministische Positionen vertreten.
In den USA war Wertmüller eine Kult-Figur. Warum?
Vor allem ihre erfolgreichen Filme der 1970er-Jahre ergänzten das einflussreiche italienische Kino um eine noch etwas gewagtere und zugleich weibliche Komponente. Während Filme wie Bertoluccis «Der letzte Tango in Paris» nicht nur in den USA die Pornografie salonfähig machten und das Mainstream-Kino beeinflussten, war Wertmüller gerade für das intellektuelle urbane Publikum etwa in New York dann die nächste radikale Stufe und eben auch eher ein Geheimtipp - und damit interessanter.
Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 9.12.2021, 17:40 Uhr.
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