Langsam wird’s für die Kinos ungemütlich. Immer mehr Menschen verlassen die Lichtspielhäuser und schauen sich Filme lieber zuhause oder unterwegs auf dem Smartphone an. In der Schweiz verzeichneten die Kinobetreiber 10,5 Prozent weniger Zuschauer als im dem letzten Jahr.
Betrachtet man ganz Europa, sind die Zahlen gar noch einen Tick schlechter. Ivo Kummer, Leiter der Sektion Film im Bundesamt für Kultur, bereitet dieser Trend zunehmend Sorge.
«Allgemein hatte es in diesem Jahr das Kino – rein von den Eintritten gesehen – sehr, sehr schwer. Es ist ein Rückgang im zweistelligen Bereich. Man spricht von 15 bis 20 Prozent weniger Eintritten in den Kinos.»
Stabiler Maktanteil
Aus Schweizer Sicht lief’s zum Glück nicht ganz so übel. Dank Michael Steiners Culture-Clash-Komödie «Wolkenbruch», die reichlich Geld in die Kinokassen spülte. Knapp eine Viertelmillion Zuschauer haben die Romanadaption bisher bereits gesehen.
Ivo Kummer konstatiert in diesem Zusammenhang zufrieden: «Der Schweizer Film hält sich recht stabil. Mit den internationalen minoritären Koproduktionen sind es rund 8 Prozent Marktanteil. Reine Schweizer Filme kommen auf etwa 6,7. Von da her sind wir in einem durchschnittlichen Jahr. Es ist nicht die grosse Krise. Es ist aber auch nicht die grosse Euphorie.»
Familienfilme stehlen Festivalhits die Show
Neben «Wolkenbruch» schafften es zwei Kinder- oder Familienfilme der Luzerner Produktionsfirma Zodiac aufs Podest: Silber ging an «Die kleine Hexe» (125'000 Zuschauer), Bronze an «Papa Moll» (knapp 68'000 verkaufte Tickets im Jahr 2018).
Ivo Kummer freut, dass solche internationalen Koproduktionen immer häufiger auf Schweizer Initiative entstehen: «Lange Zeit fehlten solche Filme. Zodiac Pictures hat sich in dieser Nische inzwischen wirklich einen Namen gemacht.»
Düstere Festivalhits wie Simon Jaquemets «Der Unschuldige», der im fernen Toronto Premiere feiern durfte, fielen beim Publikum dagegen durch. Nicht einmal 2200 Zuschauer liessen sich hierzulande auf das teuflisch packende Arthouse-Drama ein.
Ungewisse Zukunft
Ivo Kummer bedauert es, dass einheimische Spielfilme mit hohem künstlerischen Anspruch derzeit kaum gefragt sind. Wirklich erklären kann oder will er diesen Umstand aber nicht:
«Es ist eigentlich erstaunlich, dass Filme, die eine grosse internationale Festivalkarriere hinter sich haben, im Kino meist nicht gut besucht sind. Hingegen diejenigen, die im Kino gut laufen, kaum eine grosse internationale Festivalkarriere machen werden.»
Eine Trendwende ist nicht in Sicht: Klammert man Hollywoods Event-Movies aus, wird das Kino im Streaming-Zeitalter weiter an Boden verlieren. Bleibt zu hoffen, dass der Schweizer Spielfilm künftig auch abseits der grossen Leinwand seine Zuschauer findet.