«Harry Styles ist nicht schwul» – «Ist er doch!» Etwa so lässt sich die seit längerem schwelende Diskussion um den Sänger und Schauspieler zusammenfassen. Nun spielt Styles im Film «My Policeman» einen homosexuellen Polizisten und befeuert damit den Diskurs um «queerbaiting» neu.
Boyband-Feminist
Queerbaiting meint das Fischen nach Fans in der queeren Community, also bei homosexuellen, transsexuellen oder nonbinären Menschen, ohne ihr selber anzugehören. Bei Harry Styles ist die Sache komplizierter.
Bereits als Mitglied der Boy-Group One Direction outete er sich – er war 17 Jahre jung – als Feminist. In einem Radio-Interview wird er gefragt, ob sie in der Gruppe verhandelten, wer Anspruch auf ein bestimmtes Mädchen habe. Styles antwortet: «Wir tun das nicht. Das würde die Frauen zu Objekten machen».
Bunt lackierte Fingernägel
Als Styles 2017 mit seiner erfolgreichen Solokarriere startet, löst er sich vom braven Boygroup-Image. Zeitgleich spielt er seine erste Filmrolle, im Kriegsepos «Dunkirk», das ihm respektvolle Rezensionen verschafft.
Mit dem Wechsel zum musikalischen Solokünstler verändert er sich optisch radikal. Federboas, Nagellack, Damenhandtasche. Und viel Glitter. Aus den Untiefen des Netzes wird seither hysterisch nach einem «outing!» geschrien. Doch Harry Styles outet sich nicht.
Aktuell datet er Regisseurin Olivia Wilde («Don't Worry Darling»). Zu seinen Freundinnen zählten zuvor Taylor Swift oder Kendall Jenner.
Schwuler Polizist
Der Diskurs um «queerbaiting» wird nun erneut befeuert. Grund ist der Film «My Policeman» des Regisseurs Michael Grandage. Harry Styles spielt Tom, einen Polizisten in den 1950er-Jahren, der seine Homosexualität nur im Verborgenen leben darf.
Damals war Schwulsein in Grossbritannien strafbar und bedeutete in vielen Fällen Gefängnis sowie den gesellschaftlichen Todesstoss. Im Film sind explizite Sex-Szenen zwischen den Liebhabern zu sehen.
Co-Star David Dawson, der Toms Liebhaber spielt, ist selber schwul, ebenso Regisseur Michael Grandage. Dass einer der Darsteller nicht homosexuell ist, findet Andreas Bühlmann, künstlerischer Co-Leiter des queeren Filmfestivals «Pink Apple», nebensächlich.
Das System ist das Problem
Bühlmann sieht die Problematik an anderer Stelle: «Das ganze System in der Filmbranche ist das Hauptproblem und nicht, dass ein heterosexueller Mann für eine schwule Rolle gecastet wird».
Viel wichtiger sei, ob bei der Entwicklung des Drehbuchs und der Produktion des Films queere Personen involviert seien, um Authentizität in der Handlung zu gewährleisten. «My Policeman» sei glaubwürdig, weil mit Michael Grandage ein homosexueller Regisseur das Narrativ bestimme.
Harry Styles selbst nimmt die Anfeindungen gegen seine Person gelassen. In der legendären Radio-Talkshow von US-Host Howard Stern meint er: «Es geht mir darum, dass alle einfach so sein können, wie sie wollen. Das möchte ich dereinst meinen Kindern vermitteln: Sie sollen herumlaufen können, wie es ihnen Spass macht».