«Wilder» ist mit der zweiten Staffel zurück. Und sorgt für sprachliche Verwirrung. Die Berner Kriminalkommissarin Rosa Wilder ermittelt im Gebiet des fiktiven Dorfs Thallingen/Thallion. Ein zweisprachiges Dorf im Berner Jura? Das gibt es doch gar nicht! Im Berner Jura wird nämlich französisch gesprochen.
Kritik an SRF
In den letzten Tagen wurde Kritik an der Umsetzung von «Wilder» laut, etwa vom Bieler Peter Rothenbühler. In der Schweizer Illustrierten schrieb er, dass man sich im Jura jahrhundertelang gegen die Germanisierung gewehrt habe und SRF jetzt aus dem Berner Jura eine Berner Dialektprovinz mache. Dies, indem in der Serie «Wilder» ein zweisprachiges Dorf mitten in das französische Sprachgebiet gepflanzt werde.
Und damit nicht genug. Zweisprachig ist in Thallingen/Thallion nur das Ortsschild. Gesprochen wird im fiktiven Dorf Berndeutsch – ab und zu sind bloss Sätze und Floskeln auf Französisch eingestreut. Das Setting der zweiten «Wilder»-Staffel stimmt mit der sprachlichen Realität also nicht überein.
Drehbuch-Autor erklärt sich
Der Haupt-Autor des «Wilder»-Drehbuchs, Béla Batthyany, reagiert auf den Vorwurf: Er und sein Team hätten sich von einem realen, ungeklärten Kriminalfall inspirieren lassen, der im französischen Jura geschehen sei. Die filmisch vielversprechende, geheimnisvolle jurassische Landschaft hätten sie für die Serie beibehalten wollen.
Und weil die Hauptfigur Rosa Wilder eine Berner Polizistin sei, habe die Handlung im Berner Jura stattfinden müssen, erklärt der Autor Béla Batthyany die Ansiedlung der SRF-Krimiserie im Berner Jura. Es sei dem Team wichtig gewesen, eine gewisse Authentizität zu wahren und die Hauptfigur quasi nach Vorschrift innerhalb der Kantonsgrenzen ermitteln zu lassen.
Mangelnde Konsequenz?
Konsequenterweise hätte das Geschehen dann allerdings in einem französischsprachigen Dorf spielen müssen, denn der Berner Jura ist praktisch komplett französischsprachig – abgesehen von ganz wenigen deutschsprachigen Einzelhof-Gemeinden. Béla Batthyany sagt jedoch, das hätte für das Deutschschweizer Fernsehpublikum nicht funktioniert. Und er meint: «Es ist eine Konvention, dass man als Zuschauer abstrahiert. Bei fiktionalen Stoffen ist man bereit, diese Konvention einzugehen, wenn die Geschichte gut ist.»
Batthyany und seinem Autorenteam ist es also wichtiger, dem Publikum leicht verständliche Dialoge und eine gute Story zu bieten, als eine realistische Abbildung der Sprachsituation im Berner Jura zu zeigen. Das ist bestimmt die richtige Entscheidung, wenn man ein grosses Publikum erreichen will. Aber gleichzeitig ist es eine verpasste Chance, dem Deutschschweizer Publikum zu zeigen, dass es mehr als nur eine Landessprache gibt.