Der Name des Regisseurs von «La Belle et la Bête» lässt aufhorchen: Christophe Gans. Der französische Filmemacher, Produzent und Drehbuchautor, von Haus aus eingefleischter Fantasy-Spezialist, gehört neben Luc Besson zu jenen französischen Filmschaffenden, die sich wenig um das Autorenkino scheren. Sie träumen stattdessen vom französischen Mainstream-Lichtspektakel mit Blockbuster-Qualitäten, das mit der amerikanischen Traumfabrik konkurrieren kann. Tatsächlich feierte Gans mit seinem Kinofilm «Le Pacte des loups» (2001) in den USA einen Achtungserfolg.
Grosse Fussstapfen
Nun hat der Fantasy-Fan Gans sich den Filmstoff vorgenommen, der bereits von prominenteren französischen Regisseuren auf die Leinwand gebracht wurde. 1946 verfilmte Jean Cocteau die Geschichte um einen Vater, der die jüngste Tochter an ein unansehnliches Biest verliert, das sich schliesslich als verwunschener Prinz entpuppt. Cocteau gewann mit seiner Fassung von «La Belle et la Bête» – frei nach der Erzählung von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont aus dem 18. Jahrhundert – den Prix Louis Delluc. Cocteaus Film gilt heute als Vorläufer des Fantasy-Genres.
Umso höher sind die Erwartungen an Christophe Gans, der mit Jérôme Seydoux einen einflussreichen Produzenten an seiner Seite hat. Seydoux – Chef von Pathé, dem wichtigsten Verleih und der wichtigsten Produktionsfirma des französischen Kinos – besetzte die Rolle der Belle mit der eigenen Enkelin, dem neuen Star an Frankreichs Kino-Himmel: Léa Seydoux.
Fehlgriffe beim Casting
Doch hier genau beginnen die Schwierigkeiten: Zwar hat Grosstochter Léa bereits in etlichen Filmen ihr Talent bewiesen, unter anderem in der Schweizer Produktion «L'enfant d'en haut» unter der Regie von Ursula Meier (Koproduktion SRF und Gewinner des Schweizer Filmpreises 2012).
Meist überzeugt Seydoux in ihren Hauptrollen als charakterstarke, oft burschikose Frau, die sich durchs Leben schlägt. Sicher, auch als Belle muss Seydoux den Kopf über Wasser halten. Fragil wirkt sie dabei selten, dafür zu oft deplatziert.
Ein echter Fehlgriff ist die Besetzung des Prinzen mit Vincent Cassel, der als Mensch ebenso verschlagen und hinterhältig wirkt wie als Biest, und dummerweise in beiderlei Gestalt eine ähnliche Behaarung vorweisen kann. Der Höhepunkt der Geschmacklosigkeit schliesslich wird am Zugeständnis sichtbar, das man an den deutschen Koproduzenten zollte: Es heisst Yvonne Catterfeld. Sie bekleidet die Rolle der Verflossenen des Biestes und langweilt mit dem immergleichen makellose Allerweltsgesicht.
Trickreich, aber leer
Generell: Der Film will viel und schiesst über das Ziel hinaus. In beinahe allen Action-Szenen schielt Regisseur Gans Richtung Hollywood – und vernachlässigt die innere Logik seines Films und damit das um Verständnis bemühte Publikum. Pompös und trickreich inszenierte steinerne Riesen stürzen durch den Garten des entstellten Prinzen – einzig um des Spektakels Willen – und damit ins Leere.
Pompös kommt die Schöne mit ihrem Biest daher. Auf langer Strecke bleibt das Spektakel im sinnentleerten Getöse stecken. Die Sehnsucht nach Cocteaus zurückhaltenden, poetischen Schwarzweiss-Bildern überwiegt. Am Ende siegt die Gewissheit: Ihr süssen 4-, 5-, 6- und 7-Jährigen, Ihr frechen 10-, 11- und 12-Jährigen, Ihr pubertierenden 13-, 14- und 15-Jährigen – Ihr verpasst so rein gar nichts!