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Das waren die Gewinner der Golden Globes 2024
Aus Kultur-Aktualität vom 08.01.2024. Bild: Keystone / AP Photo / Chris Pizzello
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Lily Gladstones Erfolg Indigene Filme in Hollywood: Aus Klischees wurden Golden Globes

Als erste Frau indigener Herkunft gewann Lily Gladstone kürzlich einen Golden Globe. «Killers of the Flower Moon» bringt amerikanische Ureinwohner weg von Stereotypen und hin zu den Hauptrollen. Ein steiniger Weg.

Nachdem Lily Gladstone den Golden Globe für ihre Leistung in «Killers of the Flower Moon» entgegennahm, wandte sie sich ans Publikum – auf Siksiká. Diese Sprache wird im Reservat der Blackfeet-Gemeinschaft im Nordwesten des US-Bundesstaates Montana gesprochen. Eine Ehre für die indigene Bevölkerung.

Lily Gladstone und Leonardo di Caprio sitzen an einem Tisch und tragen Kostüme, die ihren Rollen entsprechen
Legende: Leonardo DiCaprio spielt im Film «Killers of the Flower Moon» einen Weltkriegsveteranen, Lily Gladstone eine reiche Frau. Keystone / Melinda Sue Gordon / Apple TV+ via AP

In Martin Scorseses «Killers of the Flower Moon» spielt die 37-Jährige eine vermögende Frau der indigenen Osage-Nation. Diese war 1897 plötzlich zu Reichtum gekommen, als auf deren Land in Oklahoma Erdöl gefunden wurde.

Paradebeispiel indigener Repräsentation

Der dreieinhalbstündige Historienthriller setzt die Messlatte hoch und ist ein Paradebeispiel für die Repräsentation von Ureinwohnern in Hollywood-Filmen. Das liegt nicht zuletzt an der akribischen Recherche, der engen Zusammenarbeit mit Menschen der Osage-Nation, kulturellen Beratern, dem Osage-Museum und einem Sprachzentrum.

Diese Kollaboration auf Augenhöhe war nicht immer selbstverständlich. Die Darstellung von Native Americans im Film folgte lange Zeit anderen Motiven.

Klischees standen an der Tagesordnung

Ende des 19. Jahrhunderts traten Native Americans häufig in Wild-West-Shows auf. Ab 1882 tourte Buffalo Bill mit «Rodeo-Cowboys» und Native Americans wie dem Sioux-Häuptling Sitting Bull durch die USA und Europa. Dabei entstanden viele Prototypen von Indigenen-Stereotypen: das Leben in Tipis, das Skalpieren von Feinden und ein wildes Verhalten.

Mit der Zeit etablierte sich der Western als beliebtes Genre. «In Western wurde häufig die Westwärts-Bewegung der Siedler dargestellt, die in eine kriegerische Auseinandersetzung mit den umliegenden Indigenen kommen», sagt Sonja Schierle, Mitbegründerin des Nordamerika-Filmfestivals in Stuttgart.

Filme von und mit Indigenen

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Filme von Indigenen «über» Indigene hat es seit Ende des 19. Jahrhunderts durchgehend gegeben. In erster Linie seien es Dokumentarfilme gewesen, auch weil die finanziellen Mittel fehlten, erklärt Sonja Schierle. «Das sind oft sehr persönliche Filme über die Familie oder die Gemeinschaft», sagt die Mitbegründerin des Nordamerika-Filmfestivals.

«Es ging ums Schlagen und Schiessen, aber über die wahre indigenen Kulturen hat man nichts erfahren.» Western-Filme wie John Fords «The Searchers» verfestigten das Image der blutrünstigen «Primitiven» gegenüber den «heroischen Cowboys», die das Land aufblühen liessen.

Durchbruch in den 1990er-Jahren

Als im Zuge der Bürgerrechtsbewegung 1968 der Indian Civil Rights Act verabschiedet wurde, begann eine realistischere Darstellung von Native Americans auf der Leinwand. «Die Menschen haben protestiert und darauf gedrängt, ihre Sicht darzustellen», sagt Schierle. Ab den 1970er-Jahren waren mehr und mehr indigene Amerikaner an den Filmproduktionen beteiligt.

Mitglieder der Osage Nation stehen auf dem roten Teppich bei der Premierenfeier in New York.
Legende: Mitglieder der Osage Nation besuchen die Premiere in New York. IMAGO / ZUMA Wire

Als Durchbruch galt 1990 die Literaturverfilmung «Der mit dem Wolf tanzt», in dem indigene Schauspieler erstmals in ihrer eigenen Sprache zu hören waren. «Es ist lächerlich, dass es so lange gedauert bis man den Mut hatte, diese Sprachen öffentlich zu machen», so Schierle. Diese Tatsache führt sie auch auf die Unterdrückung indigener Kulturen zurück: Kinder wurden in Internate gesteckt, in denen sie Englisch sprechen mussten und erfuhren harte Bestrafungen oder Missbrauch.

Und heute? «Indigene sprechen vermehrt für sich und stellen sich in ihrer gewünschten Form dar», meint Schierle. Das ist auch höchste Zeit: Denn aufgrund der jahrzehntelangen falschen Darstellung, wissen viele kaum etwas über indigene Kulturen. Das ändert sich nun.

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