«Die Verrückten sind die unglücklichen Entdecker des Unsichtbaren», sagt Nathan Hofstetter zu Beginn seines Dokumentarfilms. Er erzählt, dass er Dinge erlebt hat, bei denen er sich buchstäblich für Gott oder Jesus hielt.
Nathan Hofstetter ist 31 Jahre alt. Vor sieben Jahren wurde bei ihm paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Unter Stresssituationen hat er verzerrte Wahrnehmungen.
Der Auslöser: Als Filmstudent arbeitete er so intensiv an einem Projekt, dass er über zwei Wochen kaum schlief. Die Folge: eine Art Burnout, die seine Schizophrenie triggerte. Es folgten Klinikaufenthalte, Therapien und viele Medikamente.
Heute, nach sieben Jahren Behandlung, geht es ihm besser. Er kann wieder allein wohnen und lebt in Neuenburg nahe seiner Familie, seiner Freundin und Freunden.
Jetzt will er den Zuschauer mit in seine Welt der «Loulous» nehmen. So nennt er sich und jene, mit denen er das gleiche oder ein ähnliches Schicksal teilt.
Wir sind alle Loulous
«Ich wollte dieses Thema entdramatisieren und die Verrücktheit als etwas Normaleres zeigen», erklärt Nathan Hofstetter. «Psychische Erkrankungen sind nicht nur Schwarz und Weiss. Eigentlich sind wir alle Loulous, also alle ein bisschen verrückt, nur anders.»
«Loulou» ist nicht nur ein Selbstporträt. Der junge Mann lässt auch seine ehemaligen Mitpatienten aus der Klinik und Freunde über ihr Schicksal reden. Und seine Freundin und Familienangehörige philosophieren über ihr eigenes Leben und das mit ihm.
Wie beurteilt der Fachmann den Film?
«Der Film hat mich sehr berührt», sagt der Psychiater Philipp Homan.
Er ist Oberarzt in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Homan hat sich die Dokumentation für uns angeschaut. Nathan Hofstetters Film habe ihm einen neuen Aspekt seiner Arbeit gezeigt:
«Selbst wir, die professionell damit zu tun haben, erfahren es aus so einem Film noch mal anders. Weil wir in klinischen Situationen klinische Interviews führen und da nicht immer alles zur Sprache kommt, was eigentlich so ein Leben ausmacht.»
Aber Homan sagt auch, dass es trotz Film nicht leicht sei, psychische Erkrankungen erklärbar zu machen. Dennoch sei die Annäherung an das Thema mit diesem Film wichtig.
«Der Film widerspricht zum Teil dem Klischee, dass man sich mit seinem Schicksal abfinden muss und dass das Leben mit einer solchen Krankheit sehr eingeschränkt ist. Aber man kann mit ihr leben, man kann zu ihr ja sagen und ich denke, dass Nathan Hofstetter dazu ja gesagt hat.»
Zuletzt macht Homan darauf aufmerksam: «Es ist wichtig zu wissen, dass man mit Psychosen gut leben kann. Man kann sie gut behandeln.»
Kein Erklär-Kino
Für Nathan Hofstetter war die filmische Auseinandersetzung mit seiner Krankheit auch eine Selbst-Therapie, und das von Anfang an.
«Loulou» ist bereits sein dritter Film zu diesem Thema. Aber der Erste, der im Kino läuft und damit ein grösseres Publikum erreichen will.