Es war schon passend ironisch, als der damals 77-jährige Donald Sutherland den eisigen Diktator Coriolanus Snow gab. Ab 2012 war er in den Filmen der «Hunger Games»-Serie zu sehen, mit welchen auch Jennifer Lawrence zum Star wurde.
Die Rolle machte den Schauspieler bei jener Generation bekannt, deren Eltern schon mit seiner magnetischen Leinwandpräsenz aufgewachsen waren. Bloss hatte die Elterngeneration ihn in eher subversiven Rollen lieben gelernt.
Über England nach Hollywood
In einer solchen Rolle gab Donald Sutherland 1970 den gewitzten Kriegschirurgen, damals in Robert Altmans «M.A.S.H». Als Feldarzt Hawkeye Pierce unterlief er jegliche Autorität in der US-Armee im Korea-Krieg – in einem Film, der sich klar gegen den Vietnam-Krieg richtete.
Zuvor hatte ihm eine ähnliche Rolle im britisch-amerikanischen Kriegsfilm «The Dirty Dozen» (1967) mit Lee Marvin und Charles Bronson den Weg von England nach Hollywood geöffnet.
Der 1935 in Kanada geborene Donald McNichol Sutherland holte sich ab 1957 in England den letzten Schliff als Schauspieler, an der renommierten London Academy of Music and Dramatic Art (LAMDA). Da hatte er schon einen kanadischen Hochschulabschluss als Ingenieur in der Tasche.
Saufender Kriegschirurg als Türöffner
Die Bühne war seine Startrampe, doch bald übernahm er erste Rollen in der boomenden britischen Filmindustrie: Bei den legendären Hammer-Productions an der Seite von Christopher Lee in Horrorfilmen wie «Castle of the Living Dead» (1964) and «Dr. Terror's House of Horrors» (1965).
Ausserdem war er in Fernsehserien wie «The Saint» mit Roger Moore und «The Avengers» («Mit Schirm, Charme und Melone») zu sehen.
Eine seiner schönsten Rollen spielte er an der Seite von Julie Christie in Nicolas Roegs Daphne-Du-Maurier-Verfilmung «Don’t Look Now» («Wenn die Gondeln Trauer tragen») von 1973.
Chronisch ausgebucht
In den 1970ern war Sutherland so gefragt, dass er manchmal drei Filme im selben Jahr abdrehte. 1976 war er «Casanova» für Federico Fellini, der Superfaschist Attila in «1900» für für Bertolucci und auch gleich noch ein Hitler bekämpfender Ire in John Sturges’ «The Eagle Has Landed».
In über 200 Filmen hat Sutherland seine eindrückliche Präsenz bewiesen, immer wieder mit seiner perfekten Mischung aus strahlender Wärme und bedrohlicher Arroganz, die ihn so schillernd attraktiv machte.
Dass er, den gerade auch Kolleginnen und Kollegen als einen der Grössten der Profession lobten, nie einen Oscar bekam, korrigierte die Academy 2018 mit einem Ehren-Oscar für das Lebenswerk.
Ein Gesicht, das in Erinnerung bleibt
Donald Sutherland war ein langer Mann mit einem langen Gesicht und einer langen Karriere. Sein Gesicht, das immer ein wenig an das katzenverzehrende Plüsch-Alien Alf aus der gleichnamigen Sitcom erinnerte, hatte ihn schon vor seiner Hunger-Games-Renaissance zu einem Internet-Meme gemacht.
So schnell wird Donald Sutherland nicht in Vergessenheit geraten. Er war Filmstar und Charakter-Darsteller zugleich, seine Präsenz hat sich über Generationen hinweg gehalten. Ein Mann, den man liebte, obwohl (oder weil) er einen nervös machte.