Aurore – der Vorname steht für Morgenröte. Damit ist auch gleich angekündigt, welche Entwicklung die 50-jährige Hauptfigur (Agnès Jaoui) im gleichnamigen Film durchmachen wird: Sie spürt das Einsetzen der Menopause.
Sie beklagt das Abklingen von körperlicher Attraktivität, Fruchtbarkeit und Berufserfolg – sie fühlt sich in ein grosses Nichts gestossen.
Doch zwei Vorfälle verändern ihre Sichtweise: Ein angekündigtes Enkelkind und eine männliche Bekanntschaft von früher wecken neue Lebensgeister in ihr.
Allein auf weiter Flur
Als «Aurore» vor einigen Monaten in Frankreich in die Kinos kam, reduzierten die Medien den Film auffällig oft auf seinen simplen Pitch: Überall war die Rede von «der Komödie über eine Frau in den Wechseljahren».
Was so ausgedrückt natürlich nicht falsch ist. Aber doch unumstösslich darauf hinweist, dass die entsprechende Lebensphase der Frau anscheinend bis heute derart tabu bleibt, dass eine Komödie darüber allein auf weiter Flur stehen muss.
Älterwerden als Perspektive
Die Autorin und Regisseurin Blandine Lenoir ist selbst nicht ganz zehn Jahre jünger als ihre Protagonistin. Sie stellte «Aurore» kurz vor dem offiziellen Deutschweizer Kinostart am Festival du Film Français d'Helvétie (FFFH) in Biel persönlich vor.
Also fragten wir bei dieser Gelegenheit nach: Ob es sie nicht störe, dass ihr Film in den Medien ständig auf das Wort «Menopause» reduziert wird?
«Nein, nicht wirklich», antwortet Lenoir im Gespräch, «denn das war ja das Thema, das ich anschneiden wollte: Den Status, den man bei Männern und in der Gesellschaft verliert, wenn es mit der Fruchtbarkeit vorbei ist.»
Aber natürlich handle der Film auch von vielen anderen Dingen. «Aus der Perspektive einer Frau in diesem Alter ergeben sich bestimmte Blicke auf viele gesellschaftliche Aspekte: Beruf, Familie, Sexualität, Zukunftsängste. Eigentlich möchte ich mit dieser Geschichte vor allem Mut machen zum Älterwerden.»
Manches gerät ins Wanken
Vielleicht ist es diesem Anspruch geschuldet, dass «Aurore» manchmal etwas unsicher hin und her pendelt zwischen Klamauk und Kitsch, zwischen den frechen Reaktionen auf die eintretenden Symptome und einem romantisierten Erzählen, das allzu zielsicher auf ein Happy End zusteuert.
Diese wabernde Tonalität des Films passt allerdings ganz gut zu den Gefühlsschwankungen der Hauptfigur, die neben allen hormonellen Problemen auch einer neuen Form des Sexismus ausgesetzt ist: Unsichtbar zu werden. Die durchwegs pointierten Dialoge halten den Film derweil bestens zusammen.
Singen, tanzen, Liebe machen
Wirklich sehenswert ist «Aurore» allerdings wegen der Hauptdarstellerin Agnès Jaoui, die auch die schwächeren Szenen des Films kraftvoll überspielt.
«Ich habe den Film zwar nicht für Jaoui geschrieben, aber sie ist eine Idealbesetzung», sagt Blandine Lenoir. Das Publikum kenne sie schon seit Jahrzehnten und sei zusammen mit ihr gealtert. Zudem habe sie nichts Divenhaftes an sich.
«Beides dient der Figur. Handkehrum dient die Figur aber auch Agnès Jaoui: Ich lasse sie singen, tanzen, fluchen, Liebe machen, Grossmutter werden. Das ist mehr, als sie sich in ihren eigenen Drehbüchern zumutet!»
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 21.9.17, 17:22 Uhr