«Ich hasse Schwarze! Ich hasse Juden, Mexikaner und Iren, Italiener und Chinesen. Aber mein Wort in Gottes Ohr: Am meisten hasse ich diese schwarzen Ratten!»
Nein, hier brüllt kein Rassist seine Ansichten ins Telefon. Der Afroamerikaner Ron Stallworth (John David Washington) spricht nur so, um das Vertrauen des Ku-Klux-Klans zu gewinnen. Der Plan geht auf. Stallworth wird ratzfatz Mitglied des rassistischen Spitzmützen-Vereins.
An die Treffen schickt der Neuling des Colorado Springs Police Department seinen jüdischen Kollegen Flip (Adam Driver). Weil man ihm nicht ansieht, dass er kein «WASP» ist, sprich: kein weisser, angelsächsischer Protestant.
Von der Schnapsidee zum Spike-Lee-Joint
Was wir nun als aberwitzigen Mix aus Doku-Fiktion und Blaxploitation im Kino sehen, ist das Destillat realer Geschehnisse. Der echte Ron Stallworth folgte 1978 zunächst einem wenig durchdachten Impuls: Er meldete sich auf eine Zeitungsanzeige beim Ku-Klux-Klan – unter Angabe seines echten Namens.
Der Plan, den Klan auszuspionieren, entwickelte sich erst nach und nach. Allerdings mit grossem Effekt: Zwei Bombenanschläge auf Schwulenbars wurden dank so gewonnener Insider-Informationen vereitelt. Wer will, kann dies alles in Stallworths 2014 erschienenem Buch «Black Klansman» nachlesen.
Ursprünglich wollte Regie-Shootingstar Jordan Peele («Get Out») die haarsträubende Geschichte verfilmen. Erst als er merkte, dass das Projekt seine zeitlichen Ressourcen sprengen würde, trat er es an Spike Lee ab. Der wiederum nennt treffenderweise alles, was er dreht, «Joint». Genau das ist «BlacKkKlansman»: eine prall gefüllte, giftige Wundertüte.
Lieblingsfeind Trump
Was Spike Lee uns hier inhaltlich und stilistisch zumutet, ist starker Tobak. Obwohl die Handlung in den 70ern spielt, ist der aktuelle US-Präsident omnipräsent in diesem Film.
Schon zu Beginn, wenn Alec Baldwin als rassistischer Hardliner an seine jüngsten Trump-Parodien erinnert. Später, wenn Klan-Boss David Duke (Topher Grace) sowohl «America First» als auch «Make America Great Again» skandiert. Und im dokumentarischen Epilog ganz am Schluss tritt Trump sogar höchstpersönlich auf: Als Präsident, der es tunlich vermeidet, sich von Rechtsradikalen zu distanzieren.
In diesem aus News-Bildern und Youtube-Videos montierten Ende schlägt Lee eine Brücke zur Gegenwart. Genauer, zu den Neonazi-Märschen von Charlottesville, die der echte David Duke im Film so kommentiert: «Ich glaube, dass Charlottesville der erste Schritt von dem darstellt, was Trump in seiner Kampagne angekündigt hat: Wir erobern uns Amerika zurück!»
Mal bedrohlich, mal lächerlich
Spike Lee fährt schweres Geschütz auf und geht wie immer aufs Ganze. Dabei scheint ihm jedes Mittel recht, um das Ineinandergreifen von Vergangenheit und Gegenwart zu illustrieren: Er mischt die politische Ernsthaftigkeit von Klassikern wie «Malcolm X» mit dem stilistischen Exzess weniger geglückter Arbeiten wie «Chi-Raq».
Der ständige Wechsel der Tonalität fährt ein. So lässt uns Lee in einer Szene herzhaft über die Dummheit der Rednecks lachen. Doch in der nächsten macht er klar, wie gefährlich Brandredner wie David Duke bis heute sind. Ohne zu kippen, schwankt der Film stets zwischen Seriosität und Komik, gesellschaftskritischer Satire und wilder Farce.
«BlacKkKlansman» ist Unterhaltungskino voller Zorn und Witz, wie es nur Spike Lee kreieren kann. Nicht aus einem Guss, aber stets dringlich und stimmig. Vielleicht spiegelt sich hierin Lees grösstes Verdienst: Dass er angesichts des immer wieder neu aufkeimenden Rassismus’ nie den Humor verliert.
Kinostart: 23.8.2018