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Neu im Kino «Cash Truck»: Ein Männerbild für die Tonne

Regisseur Guy Ritchie und Schauspieler Jason Statham liefern einen Actionfilm mit einem unglaublich ungesunden Rollenbild ab.

Die Handlung des Action-Spektakels «Cash Truck» von Regisseur Guy Ritchie ist schnell erzählt. Der mysteriöser H (Jason Statham) tritt bei einem Geldtransport-Unternehmen eine Stelle als Fahrer an.

Bald stellt sich heraus: Er kann richtig gut kämpfen und schiessen. Das beweist er bei mehreren Überfällen durch Gangster auf seinen Lastwagen.

Was H niemandem sagt: Er ist auf einer Mission. Sein Sohn wurde ermordet. Dafür will er sich rächen.

Zornige Männer

Auf Deutsch heisst der Film «Cash Truck», also «Geldtransporter». Der Originaltitel lautet jedoch «Wrath of Man» – «Zorn des Mannes». Dass hier ein wütender Mann im Zentrum steht, betont also bereits der Titel.

Ein cooler Kerl soll H wohl sein. Ein typischer Action-Held. Dass das Stereotyp des gefühlskalten, aggressiven Einzelkämpfers vielleicht gar nicht so cool ist, wird schon länger diskutiert. Es stellt sich die Frage, ob solche Figuren im 21. Jahrhundert noch Platz im Kino haben.

Männerideale hinterfragt

H ist die personifizierte «toxische Männlichkeit». Der Begriff steht für eine ungesunde Männlichkeit, soll darauf aufmerksam machen, dass es auch für Kerle schädliche Ideale gibt.

Sowohl Männerbewegungen als auch feministische Gruppen hinterfragen mit ihm traditionelle Männlichkeitsideale, wie H sie verkörpert.

H – der Inbegriff von toxischer Männlichkeit

Welche Vorstellungen von Männlichkeit sind gemeint? Zum Beispiel, dass echte Kerle ausser Wut und Aggression keine Emotionen zeigen dürfen. Dass sie nicht über ihre Gefühle sprechen. All ihre Probleme auf eigene Faust und am besten mit Gewalt lösen.

Filmszene: Ein Mann mit Glatze steht vor einem Lastwagen und zielt mit der Pistole neben der Kamera vorbei.
Legende: 121 Minuten lang hat H dieses Poker Face aufgesetzt. Ascot Elite Entertainment Group

H in «Cash Truck» erfüllt dieses alte Rollenbild in allen Aspekten. Selbst nachdem sein geliebter Sohn gestorben ist, sieht man ihn kein einziges Mal weinen – oder auch nur eine Miene verziehen.

Stattdessen nietet er alles um, was ihm in den Weg kommt.

Schädlich für die Gesellschaft – und vor allem die Männer selbst

Solche stereotypen Ideen, wie sie «Cash Truck» propagiert, gelten für Fachpersonen als schädlich für die Gesellschaft. Eine Studie des amerikanischen Pew Research Centers besagt, dass Menschen so in zwei Lager eingeteilt werden: in starke und schwache. Dies könne zu Sexismus, Gewalt, Homophobie und Unterdrückung führen. Das bestätigt unter anderem auch der Spezialist für psychische Gesundheit Mack Exilus dem Fach-Portal Very Well Mind .

Laut Expertinnen und Experten leiden die Männer ebenfalls unter diesem Druck. Einige Studien, darunter eine der University of British Columbia in Vancouver, zeigen sogar: Toxische Männlicheits-Ideale sind ein Grund dafür, warum die Suizidrate bei Männern deutlich höher ist als bei Frauen.

Da Männer sich unzureichend fühlen, wenn sie den Ansprüchen an ihr Verhalten oder ihr Aussehen nicht entsprechen können. Und sich bei Problemen keine Hilfe holen.

Filmszene: Zwei Männer in einem Lastwagen, der Fahrer trägt eine Sonnenbrille, der Beifahrer hat eine Glatze.
Legende: Die beiden Cashtruck-Fahrer sind von Anfang an grundlos Rivalen – ein ziemlich ungesundes Arbeitsklima. Ascot Elite Entertainment Group

«Cash Truck» ist konsequent. Es gibt es nur einen Mann, der nicht hart, kalt und muskelbepackt ist. Es ist ein übergewichtiger Kollege mit Mitgefühl, der H sogar vorschlägt eine Therapie zu machen. Der wird als lächerlich dargestellt.

Veränderung wäre möglich

Jason Stathams H ist der Inbegriff von toxischer Männlichkeit. Action-Filme sind halt so, könnte man sagen. Und natürlich geht es in diesem Genre darum, dass ein harter Held (oder eine harte Heldin) sich gewaltsam rächt.

Doch hat auch das Action-Genre die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. So sind die heutigen Superhelden zwar immer noch starke Weltretter. Aber gleichzeitig sind sie ängstlich, verwirrt, emotional.

H hingegen wirkt wie die alten Actionhelden der 1980er. Ein Macho aus einer Zeit, als im Kino Männlichkeit nur durch dicke Bizeps und Gefühlskälte definiert wurde und Actionheldinnen noch nicht existierten. Das ist veraltet und langweilig.

Kinostart: 29.7.2021

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