Es ist 1952. Das Leben ist hart für die kleine sechsjährige Kya. Sie lebt mit ihrer Familie in einer armseligen Hütte im Marschland der Küste North Carolinas.
Der Vater säuft und ist gewälttätig. Die Mutter hat irgendwann genug und verlässt die Familie plötzlich. Kurz darauf hauen auch Kyas ältere Geschwister ab. Warum keiner die Kleine mitnimmt, bleibt ein Geheimnis der Buchautorin.
Allein gegen die Welt
Kya bleibt allein mit dem Vater. Aber irgendwann verschwindet auch er. Das Mädchen muss allein klar kommen und in der sumpfigen Marschlandschaft zu überleben lernen.
Über die Jahre wird das Mädchen zu einer schrulligen Einzelgängerin. Als Teenagerin verliebt sie sich in den richtig netten Tate. Der geht jedoch irgendwann auf die Uni, verspricht wiederzukommen, tut dies aber nicht. Kya trifft einen anderen Typen, einen richtigen Arsch namens Chase, und lässt sich auf ihn ein.
Als Chase tot aufgefunden wird, wird sie des Mordes verdächtigt und angeklagt. Wie gesagt: Das Leben ist hart für Kya.
Drama mit Wohlfühlfaktor
Wer nun glaubt «Der Gesang der Flusskrebse» wäre ein erschütterndes Drama über die Härten des Lebens, der liegt daneben. Die Zusammenfassung klingt zwar nicht so, aber der Film ist Wohlfühlkino pur.
Die Menschen, die Natur und selbst die Armut: Alles sieht schön aus. Existenzielle Probleme scheinen nur Hindernisse, die die Heldin spielerisch überwindet. Kya kann fast alles: Sie ist Survivalexpertin, Naturkundlerin, begabte Zeichnerin und – nachdem Tate ihr Lesen und Schreiben beigebracht hat – Autorin.
Nur in einer Sache hapert es bei dem eigenbrötlerischen Mädchen, dass alleine im Marschland lebt: dem Zwischenmenschlichen. Und wer da nicht gut ist, hat natürlich mit der Liebe seine Schwierigkeiten.
All you need is love
«Der Gesang der Flusskrebse» ist auf dem ersten Blick ein Cocktail aus Coming-of-Age-Geschichte, Familiendrama und Krimi. Im Kern ist der Film aber ein zuckersüsser Likör, bei dem es um nichts anderes geht, als die ewige Liebe.
Diese ewige Liebe, die das alte Hollywood in den 1950er-Jahren märchenhaft zelebriert hat: Zwei Menschen sehen sich, ein Blick reicht und die Zuschauenden wissen: Diese beiden sind dafür bestimmt, den Rest ihres Lebens miteinander zu verbringen und am Ende das Grab zu teilen – egal was oder wer sich zwischen sie stellt.
Wäre die Scoville-Skala nicht ein Mass für die Schärfe von Chillischoten, sondern für Kitsch, würde dieser Film den Wert 1'500'000 bekommen. Was ziemlich hoch ist. Pfeffer-Spray hoch sogar.
Anrührend und sentimental – auch dank Taylor Swift
«Der Gesang der Flusskrebse»» ist glatt, kitschig und anrührend. Wer dafür nicht empfänglich ist, lacht an den falschen Stellen oder langweilt sich.
Wer allerdings Liebesfilme schätzt, dicht am Wasser gebaut ist und das Kitzeln an der Tränendrüse mag, dem sei Taylor Swifts sentimentaler Bluegrass-Country-Song «Carolina» aus dem Filmsoundtrack zum Einstimmen empfohlen. Also: Taschentücher einpacken, ab ins Kino und Heulen bis zum Happy End.
Kinostart: 18.08.2022