Simone Veil schrieb in Europa Geschichte. Die Politikerin und Feministin wurde 1979 als erste Frau Präsidentin des Europäischen Parlaments und war die zweite Frau auf einem Ministerposten in Frankreich.
Ihr grösster Erfolg: die Legalisierung der Abtreibung in Frankreich 1975. Damals war sie Gesundheitsministerin. Das Gesetz wird im Volksmund bis heute auch als «Loi Veil», also Veil-Gesetz bezeichnet.
Auch darum ist Schauspielerin Elsa Zylberstein tief beeindruckt von der Politikerin. Zylberstein spielt im französischen Spielfilm «Simone – Le voyage du siècle» die erwachsene Simone Veil . Sie war es auch, die den Anstoss zum Film gab.
«Ich durfte Simone Veil vor Jahren einen Preis überreichen. In diesem Moment hat mich ihre Familie fast ein bisschen adoptiert», erzählt sie. «Simone und ich haben uns mehrmals getroffen. Es entwickelte sich eine Beziehung. Und schnell wusste ich: Sie verdient einen grossartigen Film.»
Pionierin in Europa
Simone Veil starb 2017. Erst nach ihrem Tod nahm der Film allmählich Gestalt an. Viele Produzenten hätten sich vor der Aufgabe gescheut, das Leben der Politikerin zu verfilmen, erzählt Elsa Zylberstein.
In ihren 89 Lebensjahren entkriminalisierte Veil nicht nur die Abtreibung in Frankreich. Sie setzte sich auch für einen leichteren Zugang zu Verhütungsmitteln ein, verbesserte die Bedingungen für Gefangene, alleinstehende Mütter und Aids-Kranke.
Als Präsidentin des Europäischen Parlaments stärkte sie dessen Rolle. Die Versammlung sei «verantwortlich, den Frieden in Europa beizubehalten».
Deportierung ins KZ
Ihr prägendstes Erlebnis war der Holocaust. In Rückblenden zeigt der Film Simone Veils Jugend. Die Familie ist jüdisch, 1944 wird sie verhaftet. Vater und Bruder werden nach Litauen deportiert, wo sie sofort getötet werden.
Simone, ihre Mutter und eine ihrer Schwestern werden nach Auschwitz verschleppt, die zweite Schwester ins KZ Ravensbrück. 1945 stirbt die Mutter an Typhus. Simone und ihre Schwestern überleben.
Die Monstrosität der Menschen
«Wenn Menschen ihre Würde verloren, setzte sie sich ein. Das kommt von ihrer Zeit im Konzentrationslager», sagt Elsa Zylberstein. «Davon, was sie gesehen und erlebt hat. Diese Ungerechtigkeit, dieser Horror. Sie sah sehr früh, zu welcher Monstrosität der Mensch fähig ist.»
Ihr Leben lang kämpfte Veil dafür, dass die Schrecken des Holocaust nicht vergessen werden. Im Film ist Elsa Zylberstein als Simone Veil zu sehen, wie sie flammende Reden hält. Meistens in Sälen voller Männer. So kennt man die Politikerin, solche Aufnahmen findet man in Archiven.
In allen Facetten
Doch der Film soll auch andere Seiten von ihr zeigen, sagt Elsa Zylberstein: «Ich wollte nicht nur das Bild bedienen, das man von Simone Veil hat: kalt, ein bisschen hart, autoritär», wie sie auf den ersten Blick wirke. «Ich wollte all ihre Facetten zeigen – die Empathie, das Menschliche, das ich von ihr gespürt habe.»
So sieht man sie im Film auch privat. Mit ihrem Mann Antoine, ihren Söhnen, Freunden und Familie. Wie sie mit ihrem Trauma vom Holocaust umgeht, ihre Erlebnisse verarbeitet.
Damit zeigt «Simone – Le voyage du siècle» nicht nur das, was man ihr bis heute verdankt. Sondern auch, warum Simone Veil zu einer Kämpferin für Gerechtigkeit wurde. Ein spannendes Porträt einer aussergewöhnlichen Frau.
Kinostart «Simone – Le voyage du siècle» 20. April 2023.