Frank Herberts «Dune» über den Wüstenplaneten Arrakis gilt zurecht als Meilenstein der Science-Fiction-Literatur. Lange galt die gesellschaftskritische Perle als unverfilmbar, bis Denis Villeneuve die Welt 2021 eines Besseren belehrte. Dem frankokanadischen Regisseur gelang das Kunststück, indem er Herberts fetten Wälzer in einigermassen Kino-konforme Portionen aufteilte.
So erzählt der 2 Stunden und 35 Minuten lange erste Teil nur knapp die erste Hälfte des ersten von insgesamt sechs «Dune»-Romanen: Wie der Blaublüter Paul Atreides nach dem Tod seines Vaters auf dem rohstoffreichen, aber staubtrockenen Planeten Arrakis Fuss fasst.
«Dune: Part Two» setzt die mit ökologischen und machtkritischen Bezügen gepfefferte Handlung nahtlos fort. Allerdings auf eine Weise, die auch aufmerksamen Neulingen das Mitfiebern ermöglicht: Denn erst jetzt lernen wir den sandkornfein ausgearbeiteten Kosmos und seine naturverbundenen Ureinwohner wirklich kennen.
«In diesen 2 Stunden und 46 Minuten geht es primär um die Integration von Paul und seiner Mutter Jessica in die Stammeskultur der Fremen», pflegt Villeneuve zu betonen.
Faszinierende Ethnographie eines fiktiven Volkes
Tatsächlich nimmt sich «Dune: Part Two» erfreulich viel Zeit, das Publikum in die Sitten und Bräuche des Wüstenvolks einzuweihen. Mitzuerleben, wie ständige Wasserknappheit, riesige Sandwürmer und lokale Mentalitätsunterschiede den Alltag prägen, ist schlichtweg atemberaubend.
Parallel zur detaillierten Schilderung dieser Lebenswelt führt Villeneuve die organisch darin erwachsene Handlung fort: Paul (Timothée Chalamet) verliebt sich auf den Dünen in die Ureinwohnerin Chani (Zendaya), mit der er ein gemeinsames Ziel verfolgt: Den Planeten von den ausbeuterischen Harkonnen zu befreien. Zugleich wird Paul von prophetischen Albträumen heimgesucht, in denen er als religiös verehrter Initiator eines «Heiligen Kriegs» Abertausende in den Tod schickt.
Chalamet für einmal nicht nur charmant
So wird in «Dune: Part Two» endlich ein wichtiger Aspekt von Frank Herberts Vision sichtbar, der im Kino bislang keine zentrale Rolle spielte: Pauls moralische Ambivalenz. Weder Villeneuves erster Teil und schon gar nicht David Lynchs missglückte Verfilmung zollen dem Umstand Rechnung, dass Herbert mit seiner Bestseller-Reihe keine klassische Heldengeschichte erzählen wollte.
Vor allem wer Herberts «Dune Messiah» gelesen hat, weiss: Paul ist alles andere als eine reine Lichtgestalt wie Luke Skywalker. Stattdessen trägt er – um kurz beim Beispiel «Star Wars» zu bleiben – auch Züge von Darth Vader. «Es hat mich berührt, wie gut es Timothée hingekriegt hat, Pauls Entwicklung darzustellen», hält Villeneuve mit Blick auf Chalamets Performance im zweiten Teil fest: «Vom unschuldigen Jungen zu einer Führerfigur, die durchaus dunkle Seiten besitzt.»
Schweizer Akzente im Wüstensand
Nicht nur Chalamets Spiel ist bemerkenswert. Die Besetzung strotzt nur so vor Hochkarätern. In den Nebenrollen glänzen unter anderem Javier Bardem, Austin Butler, Rebecca Ferguson und Souheila Yacoub.
Souheila Yacoub? Die 31-jährige Genferin ist die grosse Unbekannte in Villeneuves prominentem Cast. Besetzt als Chanis beste Freundin Shishakli stellt das Naturtalent, das der Filmkritik bereits in Gaspar Noés «Climax» (2018) positiv aufgefallen war, so manchen Star in den Schatten.
Kinostart: 29.2.2024