Die Stimmung ist ausgelassen in der Grossstadt-Agglo: Der letzte obligatorische Schultag ist nur noch eine Formalität. Samira, Jocéline und Leyla, alle drei um die 16, möchten sich jetzt erstmal so richtig gehen lassen, bevor der Ernst des Lebens beginnt. Einfach chillen, mit Jungs anbändeln und Party machen.
Doch diese Stimmung wird kippen – das ahnt das Publikum schon früh. Gleich zu Beginn nimmt der Film eine Szene aus dem letzten Drittel der Handlung vorweg: Die Mädchen tragen Sturmhauben aus schwarzer Wolle und wirken verstört. Diese Verhüllung verheisst nichts Gutes, die Musik ist unheimlich. Aber vorerst ist bei den drei Freundinnen noch alles im Lot.
Generationenkonflikte sind auch Kulturkonflikte
Sami, Joe und Leyla heissen mit Nachnamen Sušić, Alvarez und Divjak. Darauf legt das Drehbuch wert: Ihre Eltern stammen aus anderen Kulturen.
Der Film spielt in einer realistischen, multikulturellen Schweiz. Die Gespräche in den Wohnungen der Familien verlaufen mehrsprachig. Generationenkonflikte sind meist auch Kulturkonflikte.
Hier strebt die Autorin und Regisseurin Karin Heberlein Authentizität an. Ein Anspruch, den sie auch einlöst: Die Heldinnen sind in ihren Haltungen und in ihrer Sprache sorgfältig aus der Bevölkerung abgeschaut.
Gebündelte Energie der Protagonistinnen
Die Schauspielerinnen setzen das glaubwürdig um: Anja Gada, Rabea Lüthi und Jana Sekulovska sind alle drei Karin Heberleins Entdeckungen. Die besten Szenen des Films sind die, in denen die drei Protagonistinnen zu dritt auftreten: Ihre gebündelte Energie trägt den Film und macht ihn sehenswert.
Dieser natürliche Fluss wird allerdings etwas ausgebremst durch die Lebensprüfungen, die den Mädchen einzeln gestellt werden: An diesen Stellen wird die Konstruktion des Drehbuchs allzu sichtbar.
Sami etwa gerät in die Fänge einer radikalen religiösen Gruppierung. Joe wird am Arbeitsplatz sexuell bedrängt. Diese Konflikte mögen aus dem Leben gegriffen sein. Aber sie werden derart überdeutlich angelegt, als müsse man ganze Schulklassen vor diesen Gefahren des Lebens warnen: Der Film wirkt in diesen Szenen eine Spur belehrender, als er es wohl sein möchte.
Gelöst werden die Konflikte jedoch wieder ohne diesen didaktischen Anstrich. Hier findet der Film zu seiner Form zurück: Er beschreibt das Lebensgefühl der heutigen weiblichen Jugend treffsicher und mit genug Energie, um beim jugendlichen Zielpublikum andocken zu können.