Mit den Fanfaren im Titel sind nicht die weihnächtlichen Trompetenklänge – wie etwa aus Bachs Weihnachtsoratorium – gemeint. Eine «fanfare», das ist in Frankreich eine Blaskapelle für musikalisch begeisterte Laien. «Harmonie» werden solche Musikvereine alternativ genannt. Aber an Harmonie fehlt es zu Beginn dieses Films zwischen den Brüdern Thibault (Benjamin Lavernhe) und Jimmy (Pierre Lottin). Sie haben sich gerade erst kennengelernt.
Blaskapelle hier, Orchester dort
Thibault lebt in Paris, ist international erfolgreicher Dirigent und Komponist und auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Jimmy lebt in einer Arbeiterstadt im Norden Frankreichs. Er arbeitet in der örtlichen Schulkantine und abends spielt er Posaune in der Blasmusik.
Diese scheinbar unvereinbaren Welten prallen zusammen, als Thibault die Diagnose Leukämie bekommt. Weil er eine Knochenmarkspende braucht, stellt sich heraus, dass er adoptiert ist.
Als er seinen Bruder Jimmy findet, ist dieser erstmal überfordert. Das Knochenmark spendet er, aber mit Thibault will er sonst nichts zu tun zu haben – zu verschieden ist dieser von ihm, zu weit weg sind die beiden Lebenswelten.
Doch dann kommt die Musik ins Spiel: Thibault taucht bei einer Blasmusikprobe auf und stellt fest, dass Jimmy ebenfalls ein sehr begabter und begeisterter Musiker ist. Und Jimmy erfährt, dass Thibault gar nicht so abgehoben ist, wie zuerst angenommen.
Gleiches Talent – unterschiedliche Chancen
So weit weg ein professionelles klassisches Orchester von einer Blaskapelle auch sein mag, so unterschiedlich diese musikalischen Milieus sind, die Musik verbindet die Brüder. Was sich auch offenbart in diesem herzerwärmenden Film: Zwei Menschen mögen mit dem gleichen Talent zur Welt kommen. Die Chancen, die sich daraus ergeben, hängen aber stark vom sozialen Umfeld ab.
Das Zusammenprallen der unterschiedlichen Lebenswelten habe ihn interessiert, erzählt Regisseur Emmanuel Courcol («Un Triomphe») im Interview: Bei der Recherche für den Film habe er festgestellt, dass die beiden Milieus tatsächlich kaum Berührungspunkte hätten: Mitglieder einer Blasmusik gehen eigentlich nie in klassische Konzerte – und professionelle klassische Musiker hätten wenig mit der Welt der Amateurmusik und der Musikvereine zu tun.
Nähe zur britischen Sozialkomödie
Die Geschichte von «En fanfare» ist eine universelle: Wer sich aus seiner Komfortzone wagt und sich auf andere Lebenswelten einlässt, gewinnt viel.
Dass sie dennoch so deutlich geografisch im französischen Norden angesiedelt sei, habe zwei Gründe, sagt Courcol: Zum einen sei die Dichte der Musikvereine im Norden Frankreichs am grössten, zum anderen sei der Norden für die Geschichte auch cineastisch interessant: Da sei eine Nähe zu England zu spüren, und somit auch zur britischen Sozialkomödie.
Was den Film ausmacht, ist genau in dieser Nähe zum britischen Kino zu finden – er muss sich nicht entscheiden, um jeden Preis Komödie zu sein, auch das Sozialdrama hat Platz: Statt inszenierter Rührseligkeit gibt es realitätsnahe Inszenierung.
«En fanfare» ist ein intelligenter und herzerwärmender Film, der davon erzählt, wie Musik Menschen verbinden kann – egal auf welchem Niveau sie gespielt ist. Musik ist – eben – Harmonie.
Kinostart am 26.12.2024.