An wen denken Sie, wenn Sie den Namen «Mad Max» hören? Die meisten haben immer noch Mel Gibson vor dem inneren Auge. Schliesslich lancierte der zweifache Oscarpreisträger mit dem Actionhit Ende der 70er seine Kinokarriere. In den 80ern verkörperte der Australier zwei weitere Male den wortkargen Max Rockatansky, bevor dessen Schöpfer George Miller die Endzeitreihe auf Eis legte.
30 Jahre später erweckte Miller, der in der Zwischenzeit Kinderfilme wie «Happy Feet» inszeniert hatte, die verrückte Dystopie wieder zum Leben – und wie! «Mad Max: Fury Road» riss mit seiner expressiven Bildsprache damals nicht nur Genre-Fans vom Hocker. Der vierte Teil der Reihe spielte 380 Millionen Dollar ein, gewann sechs Oscars und gilt als Meilenstein des Actionkinos.
Eine Frau gibt Gas
In Abwesenheit von Mel Gibson stahl damals eine neue Frauenfigur Mad Max die Show: Furiosa, eine einarmige, kahlköpfige Kämpferin feministischer Prägung, gespielt von Charlize Theron. George Miller hatte 2015 eine Heldin geschaffen, die neugierig machte.
Da der Handlungsrahmen von «Fury Road» aber nur drei Tage und zwei Nächte umfasste, blieb Furiosas Hintergrund im Dunkeln. Genau diese Lücke will Miller jetzt mit seinem fünften Mad-Max-Film füllen.
Bei «Furiosa: A Mad Max Saga» handelt es sich also um ein Prequel: Den neusten Teil einer Filmreihe, der eine Vorgeschichte erzählt. «Furiosa» schildert die Origin Story der Titelfigur: Wie sie zur wehrhaften Dame geworden ist, die das Publikum aus «Fury Road» kennt. Der Film beginnt mit ihrer Entführung im Kindesalter und endet exakt dort, wo «Fury Road» startet.
Vermisst irgendwer Mad Max?
Die Betonung der nahtlosen Kontinuität ist hübsch, wäre aber im Grunde gar nicht nötig gewesen. Zumal aufgrund der unverwechselbaren visuellen Gestaltung vom ersten Moment an klar ist, wo wir uns befinden: Es ist die gleiche, braun-rötliche Wüstenwelt, die bereits vor neun Jahren für wohliges Unbehagen sorgte. Neu ist nur die Besetzung: Anya Taylor-Joy übernimmt Furiosas Part, während Chris Hemsworth endlich mal als Bösewicht brillieren darf.
Mad Max spielt in «Furiosa» gar keine Rolle, was interessanterweise kaum jemanden stören dürfte. Zumal sich mit Praetorian Jack im Laufe des Films ein tollkühner Fahrer auf Furiosas Seite schlägt, der wie ein Echo des abwesenden Helden wirkt.
Überhaupt dominiert der Eindruck, sich auf bekanntem Terrain zu befinden. Nicht wenige Szenen könnten genauso gut aus «Fury Road» stammen. «Furiosa» vergrössert den Erzählradius zwar um 15 Jahre, bewegt sich aber optisch weitgehend auf vertrauten Pfaden.
Maximale Expansion, minimale Erkenntnis
Stellt man sämtliche Filme der Mad-Max-Reihe nebeneinander, sticht die wachsende Lauflänge ins Auge. Jede Fortsetzung übertrifft den Umfang ihres Vorgängers. Mit zwei Stunden und 28 Minuten ist «Furiosa» eine Stunde länger als Teil eins der Saga.
Reduce to the max? Das war einmal ... Mittlerweile scheint sich Miller eher an eine Maxime Hollywoods zu halten: Auch mehr vom Gleichen ist mehr.
Nur gesprochen wird weiterhin kaum: Anya Taylor-Joy hatte als Hauptfigur bloss 30 Zeilen Text. Worte sind bei George Miller stets sekundär. «Furiosa» ist ein energiegeladener Genrefilm, mit dem Miller seine verrückte Welt ausbaut, ohne diese neu zu erfinden. Und bei dem – anders als bei der bahnbrechenden Action-Oper «Fury Road» – von Anfang an klar ist, wohin die Reise geht.
Kinostart: 22.5.2024