Wir blicken von oben auf einen grossen, rot-weissen Schachbrett-Platz – umzingelt von hohen Gebäuden. Darauf stehen ein paar Menschen in weissen Anzügen. Sie sind angekettet. Um sie herum zieht sich am Boden in gelber Farbe ein Rechteck, das zu schreien scheint: Sicherheitsabstand!
Wir befinden uns in einer Nervenheilanstalt. Nicht irgendeine. Hier schweigt der psychisch kranke Massenmörder Michael Myers seit vier Jahrzehnten die Wände und die Ärzte an.
«Halloween» 2018 mit Original-Schauspielern von 1978
Der neue «Halloween»-Film spielt genau 40 Jahre nach dem Original von John Carpenter. Der aktuelle Slasher hat einen klaren Fokus: Die Konfrontation zwischen Michael Myers und Laurie Strode, dem «Final Girl» von 1978. Jamie Lee Curtis spielt wie im Original die um ihr Leben ringende Laurie. Und hinter der Maske von Myers versteckt sich abermals der amerikanische Schauspieler Nick Castle.
Aber wie soll der Gefangene Myers überhaupt zum gut gealterten «Final Girl» kommen? Regisseur Gordon Green und sein Team haben eine denkbar einfache Lösung gefunden: Nach vierzig Jahren soll Michael Myers zusammen mit anderen Insassen in eine andere Anstalt transferiert werden. Warum? Keine Ahnung, spielt auch keine Rolle.
Es kommt wie es kommen muss: Der Bus hat einen Unfall. Und ja, genau: Michael Myers entkommt und spürt sogleich Laurie Strode auf.
40 Jahre «Halloween»-Horror
45 Minuten. So lange dauert es, bis Michael Myers im Klassiker von 1978 als maskierter Erwachsener das erste Mal sein Messer zückt und zusticht. Der Amerikaner John Carpenter führte Regie, schrieb das Drehbuch und komponierte auch gleich die Musik. Der Soundtrack geniesst bis heute Kultstatus.
Der Film war mit seinem Budget von 325'000 Dollar eine Tiefstpreis-Produktion. Carpenter selbst verlangte zunächst keine Gage. Er war einfach nur froh, einen Film zu drehen. Tatsächlich beanspruchte der Regisseur nur 10'000 Dollar und 10 Prozent der Einnahmen – was allerdings nicht wenig war. Zumal der Horror-Streifen weltweit 70 Millionen Dollar einspielte.
Nach diesem unerwarteten Riesenerfolg liess die Fortsetzung nicht lange auf sich warten. 1981 kam «Halloween II» auf die grosse Leinwand. Bis heute kamen neun weitere Teile hinzu. Ganz nach dem Motto «milk the franchise»: Melke die Kuh, so lange sie Milch gibt!
Diese Zutaten braucht es für einen klassischen Slasher-Film
«Halloween» von 1978 hat Slasher-Filme massentauglich gemacht. Das Subgenre des Horrorfilms erlebte seine Blütezeit in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren. Nach dem Riesenerfolg von «Halloween» war der Weg frei für den Hype zu Filmreihen wie «Friday the 13th».
Diese 7 Zutaten sind für einen richtigen Slasher unerlässlich:
- Ein psychisch gestörter Täter.
- Eine subjektive Kamera, um voyeuristische Gelüste zu befriedigen.
- Das serienmässige Töten von jungen, gutaussehenden Frauen.
- Ein Tatwerkzeug (meistens ein Messer oder eine andere Stichwaffe).
- Weibliche Heldinnen als Identifikationsfiguren.
- Ein «Final Girl», das sich am Schluss dem Killer stellt.
- Ein offenes Ende, das Raum für Fortsetzungen bietet.
Synthesizer-Sound und Soft-Spannung
Der neue «Halloween»-Film knüpft direkt an das Original an und ignoriert alle bisherigen Fortsetzungen komplett. Macht es Sinn, zum 40-Jahr-Jubiläum die Geschichte von Michael Myers und Laurie Strode fortzuführen? Aus Marketingsicht absolut. Aber sonst: nicht wirklich.
In David Gordon Greens «Halloween» besucht am Anfang ein Reporterteam Michael Myers in der Nervenanstalt. Somit sind auch die jungen Zuschauer auf dem Laufenden. Es wird erklärt, dass Myers vor 40 Jahren an Halloween eine Menge Menschen umgebracht hat. Dass er seither kein Wort gesprochen hat und so weiter. «Halloween»-Kenner bieten diese erklärenden Passagen nichts Neues und sind dementsprechend langweilig.
Doch es gibt auch Positives zu vermelden: Fans der Reihe dürfte die Neuinszenierung einiger Kultszenen erfreuen. Und auch auf der Tonspur punktet der Film mit Nostalgie: Das unheimlich vertraute Ur-Thema macht auch heute noch richtig Spass!
Kinostart: 25.10.2018