Iggy Pop ist ein Coffee-Zombie. Kaum dem Grab entstiegen, futtert er zwar standesgemäss das Gedärm einer Diner-Servierdame. Aber danach schüttet er Kaffee in sich hinein.
«Sie werden zu den Dingen hingezogen, an denen sie im Leben hingen», erklärt Adam Driver. Er spielt einen der drei Kleinstadtpolizisten in Jim Jarmuschs Smalltown-Idylle namens Centerville. Die anderen beiden verkörpern Bill Murray und Chloë Sevigny.
Drivers Analyse sitzt. Ein weiblicher Zombie krächzt: «Chardonnay!». Eine ganze Gruppe Untoter irrt mit Mobiltelefonen durch die Nacht auf der Suche nach «Wifi».
Entschleunigung der Schreckgestalten
Seit George A. Romero in seinem «Zombie»-Film von 1978 die Untoten in die aufgeklärte Welt transferiert hat, sind die Zombies unsere Gesellschaftsmetapher Nummer 1 geworden. Der Riesenerfolg der «Walking Dead» war wohl die Krönung einer unaufhaltsamen Entwicklung.
Jim Jarmusch macht diese ohnehin langsamsten aller Schreckensgestalten noch etwas langsamer. Schon 1995 war bei ihm Johnny Depp als «Dead Man» die Slow-Food-Variante des Spätwestern. Und mit «Ghost Dog: The Way of the Samurai» brachte er es 1999 fertig, die Schwertkämpferromantik fast bis zum Stillstand zu entschleunigen.
Zombies im Konsumrausch
Jarmusch ist sein eigenes Label. Sein Humor funktioniert oft über die Erwartungen, die sein Name weckt. Umso überraschender war denn auch 2013 sein poetisches Riff zum Vampir-Thema mit «Only Lovers left Alive».
Die Vampire, allen voran Tilda Swinton, waren Künstler, Lebenskünstler, in der untergehenden Stadt Detroit, aber auch sonst in der Welt.
Mit den Zombies verfährt nun Jarmusch deutlich einfacher. Er übernimmt in erster Linie die von George A. Romero ausgearbeitete Prägung des Konsum-Zombies und lässt die auf die cartoonmässig reduzierte US-Kleinstadtidylle mit all ihren Stereotypen los.
Die Schöne mit dem Schwert
Die einzigen fremden Elemente sind Tilda Swinton als ausserirdisch schöne Bestatterin aus Schottland, die mit dem Schwert besser umzugehen weiss, als mit dem Schminkpinsel bei den Leichen.
Und drei Hipster aus Cleveland, angeführt von Ex-Disney-Star Selena Gomez, welche die Horror-Genre üblichen städtischen Teenager im Hinterlandurlaub verkörpern.
Technisch erfüllt der Film alle Standards. Effekte, Schminke, Ausleuchtung und vor allem Ausstattung erfüllen jeden Grossproduktionsstandard. Die Ansammlung von Charakterköpfen kann sich – wie meist bei Jarmusch – ebenfalls sehen lassen.
«Das wird bitter enden»
Bill Murrays Lakonie, Chloë Sevignys Hang zu Hysterie und Adam Drivers drehbuchgetriebener Fatalismus («This is all going to end badly») sind eben so amüsant, wie die Jarmusch-typischen Wiederholungen ganzer Formulierungen: verbaler Slapstick.
Aber Zombies sind mittlerweile dermassen durch alle Variationsmaschinen gedreht worden, dass man von Jarmusch einen überraschenden Twist erwartet hätte. Der bleibt weitgehend aus. Dass sich der New Yorker über Trumps Amerika und seine Klimawandel-Bestreitungs-Formeln lustig macht, ist ein hübscher, aber erwartbarer Schlenker.
Seine vielen Hommagen an frühere Genre-Filme, die sogar ein Ed-Wood-Zitat mit einschliessen, sind so wunderbar wie vieles an diesem Film.
Kein Klassiker, aber ein klasse Cast
Das Einzige, was «The Dead Don’t Die» fehlt, ist dieser letzte Funken Originalität, der Twist, der aus «Only Lovers Left Alive» einen Instantklassiker gemacht hat.
Dafür hat er Bill Murray und Tilda Swinton. Man soll nicht immer noch mehr wollen.