«Deine Augen sind wie zwei Bergseen, in denen ich versinken möchte.» Akademikerin Alma gehört nicht zu jenen, die sich von solch zuckersüssen Komplimenten beeindrucken lassen. Im Gegenteil: Als ihr Tom bei der ersten Begegnung Honig ums Maul schmieren möchte, verdreht sie nur die Augen.
Dabei müsste der attraktive Tom eigentlich passgenau Almas Bedürfnisse abdecken. Schliesslich ist der perfekt gekleidete Charmeur ein Roboter, der von einer High-Tech-Firma für sie massgeschneidert wurde. Drei Wochen lang darf Alma diesen nun testen. Nicht nur auf Herz und Nieren, sondern auch in tieferen Regionen.
Danach – so lautet zumindest der Plan – soll die Forscherin mitbestimmen, ob humanoide Roboter in Deutschland zugelassen werden. Doch bereits nach wenigen Stunden warnt Alma ihren vermeintlich tadellosen Begleiter: «Wenn du so weitermachst, halte ich das keine drei Wochen aus!»
Unberechenbares Begehren
Toms Süssholzgeraspel fühlt sich für die Skeptikerin viel zu künstlich an. Obwohl sie in ihrem tiefsten Inneren durchaus an die grosse Liebe glaubt, wie Regisseurin Maria Schrader verrät: «Alma ist in ihrem Herzen eine Romantikerin. Sie lehnt den Gedanken ab, dass Liebe etwas sein könnte, was in Wahrheit doch nur pure Bedürfnisbefriedigung ist.»
Genau das scheint der hinreissend bemühte Tom nicht zu verstehen. Laut seinen Berechnungen ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich Alma in ihn verliebt: «Bald werde ich mit einer viel höheren Trefferquote Dinge tun und sagen, die dir gefallen. Bald ist jeder Schuss ein Treffer!»
Ob sich Toms Prophezeiung vollumfänglich erfüllt, spielt im Grunde keine Rolle: Dem Publikum dürfte längst klar sein, wie sich die leicht vorhersehbare Geschichte entwickeln wird. Nur die Rollenverteilung weicht wohltuend von klassischen Erzählmustern ab.
Girl Meets Robot Boy
Statt aufs bekannte Schema «Boy Meets Robot Girl» treffen wir hier auf dessen unverbrauchte Umkehrung. «Tatsächlich läuft es in den meisten Geschichten genau umgekehrt», bestätigt Schrader mit Bezug auf Pygmalion und dessen moderne Variationen. Darum habe es sie es genossen, «diesen Spiess einmal umzudrehen».
Dank bärenstarker Schauspielleistungen von Maren Eggert und Dan Stevens macht «Ich bin dein Mensch» tatsächlich eine Menge Spass. Noch mehr als bei den Kritikern dürfte dieser erfrischend leichte Film, der an der diesjährigen Berlinale das Festival eröffnete, beim Publikum punkten.
Nicht zuletzt, weil Maria Schraders Schlüsselfrage Romantiker und Zynikerinnen gleichermassen ansprechen dürfte: «Lebe ich mit meinem Partner, meiner Partnerin nicht längst auch in einer Form, wo man sich gegenseitig aufeinander einstellt? Was ist da genau der Unterschied?»