Er ist einer der grossen Schweizer, die Geschichte schrieben: der Ingenieur Othmar Ammann, ausgezeichnet mit mehreren Ehrendoktor-Titeln. Der Erbauer der George-Washington-Brücke, die jeder New York-Urlauber kennt. Die von ihm konstruierten Brücken prägen Manhattan bis heute. Sein bewegtes Leben, davon erzählt der Dokfilm «Gateways to New York».
Ein Schweizer in New York
Der Schweizer ETH-Ingenieur wanderte 1904 nach New York aus. Der Auswanderer schrieb unzählige Briefe, Notizen und Tagebucheinträge. Diese Texte in der Ich-Form werden im Film vorgelesen.
Durch diesen kleinen Kniff bekommt der Zuschauer einen Einblick in die persönliche Gedankenwelt von Othmar Ammann, wird der Mensch greifbar.
1902 schloss Othmar Ammann sein Studium an der ETH ab. Zwei Jahre später reiste er nach New York, um dort erste Berufserfahrung zu sammeln. Schon damals träumte er bei einsamen Sonntagsspaziergängen am Hudson River von einer Brücke, die diesen überqueren sollte.
Einsam war er deshalb, weil er seine geliebte Lilly Wehrli in der Schweiz zurückgelassen hatte. Die beiden hielten mit Briefen Kontakt. Bis sie ihm in die USA folgte. 1905 heirateten sie.
1912 wurde Ammann Chef-Assistent im führenden amerikanischen Ingenieurbüro Gustav Lindenthal in New York. Der Auswanderer sollte Lindenthals riesiges Hudson-Projekt neu berechnen, für ihn ein absoluter Traumjob.
Doch der Ingenieur zweifelte immer mehr an der Machbarkeit der Eisenbahnbrücke seines Chefs. Heimlich machte er Berechnungen für seine eigene, leichtere Autobrücke.
Die längste Brücke der Welt
1923 verliess er Lindenthals Büro, um an seinem eigenen Entwurf zu arbeiten. Seine Brücke sollte mehr als doppelt so lang wie die damals längste Brücke der Welt werden.
Lindenthals Projekt fand keine Unterstützung. Ammann hingegen bekam 1925 grünes Licht für den Bau der George Washington Bridge. 1931 wurde sie eröffnet. Ein Unterdeck folgte 1962.
Karriere-Höhepunkt mit 85 Jahren
Mit 85 Jahren erreichte Othmar Ammann den Höhepunkt seiner Karriere mit der Eröffnung der Verrazano-Brücke. Eine doppelstöckige Autobrücke.
1959 begann der Bau der Brücke über die New Yorker Hafeneinfahrt. Über 12’000 Mann arbeiteten auf der Baustelle. Keine Arbeit für Angsthasen.
Im Film erzählen zwei amerikanische Ureinwohner aus dem Stamm der Mohawks vom Bau. Einer der Arbeiter: Alex Mayo. Er hat als «Skywalker» gearbeitet. Der junge Arbeiter baute hoch oben die riesigen Stahlträger zusammen. Das war die weitaus gefährlichste Arbeit. Ein falscher Schritt – und man stürzte in die Tiefe.
Arbeit in schwindelerregender Höhe
Arbeitssicherheit hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch keine Priorität. Erst Ammann führte Netze unterhalb der Brücken ein, um herunterfallende Arbeiter aufzufangen.
Einige Tage vor der Eröffnung der Verrazano-Brücke im Jahr 1964 verlieh ihm der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson die begehrte «National Medal of Science». Nur 10 Monate nach der Eröffnung seines grössten Meisterwerks starb der Ingenieur im Alter von 86 Jahren.
«Gateways to New York» ist eine Zeitreise. Alte Videoaufnahmen und Fotografien führen den Zuschauer durch die erste Hälfte des amerikanischen 20. Jahrhunderts.
Die Aufnahmen sind teilweise wunderschön. Die imposanten Brücken sind perfekt in Szene gesetzt. Diese Bilder und die Geschichte dahinter begeistern.
So ist der Film am Ende nicht nur ein Portrait von Othmar Ammann. Es zeigt vielmehr, wie die USA zu dem wurde, wie man sie heute kennt: Ein modernes Industrieland. Mit seinen Highways, Wolkenkratzern – und eben den Hängebrücken.
Kinostart: 4.4.2019