Der französische Regisseur Bruno Podalydès ist mit seiner leisen Komik seit 30 Jahren Frankreichs Gegenentwurf zu Woody Allen. In seinem jüngsten Film «Les deux Alfred» spielt Denis, der jüngere Bruder des Regisseurs, den arbeitslosen Alexandre, Vater von zwei Kindern.
Und Alexandre ist verzweifelt: Seine Frau arbeitet bei der Marine als U-Boot-Kapitänin, und droht mit Scheidung, wenn Alexandre sein Leben nicht auf die Reihe kriegt.
Getarnt mit der Smartwatch
Darum bewirbt sich Alexandre phantasiereich auch dort, wo er eigentlich nicht hingehört: bei einer hippen Hightech-Bude mit Sitzsäcken und Pingpong-Tischen und lauter voll motivierten dynamischen jungen Mitarbeitenden.
Getarnt mit einer Smartwatch, die er nicht zu bedienen weiss, und ein paar verzweifelt originellen Behauptungen zu seinen Qualifikationen, bekommt er tatsächlich den Job.
Da die Firma eine strikte Kein-Kind-Politik hat – wer Kinder hat oder bekommt, fliegt raus –, muss Alexandre für den neuen Job dauernd verfügbar sein und gleichzeitig seine Kinder verheimlichen.
Die zwei Alfreds
Der Filmtitel «Les deux Alfred» bezieht sich auf die zwei identischen Stofftiere von Alexandres Kindern, die immer dabei sein müssen, wenn er den Nachwuchs in der Tagesbetreuung abgibt oder ins Bett bringt. Aber der Titel steht auch für die zwei Figuren, welche die Podalydès-Brüder in dem Film verkörpern.
Wenn Denis Podalydès in einem Film seines älteren Bruders Bruno auftritt, trägt seine Figur stets einen Namen, der mit A beginnt. Dieses Mal trägt aber auch die vom Regisseur selbst gespielte Figur einen Namen mit A: Arcimboldo, ein Freund von Alexandre. Arcimboldo übernimmt für Alexandre die Kinderbetreuung, während dieser versucht, seinem neuen Job halbwegs gerecht zu werden.
Arcimboldo hat sich an die Gig-Economy angepasst. Er fährt nachts mit seinem Van durch die Strassen und sammelt ausgepowerte Liefer-Drohnen ein; bezahlt wird er pro wieder aufgeladener Drohne.
Zwischen Mensch und Maschinen
Regisseur Bruno Podalydès macht sich mit «Les deux Alfred» über eine ganze Reihe zeitgenössischer Erscheinungen lustig: über die vordergründig lockere, tatsächlich aber knallharte Atmosphäre in angesagten Start-Ups und Tech-Firmen. Über die sogenannte Gig-Economy, in der alle dauernd irgendwelche Gelegenheitsjobs im Auftragsverhältnis und auf eigenes Risiko machen müssen. Und über die allgegenwärtige Technologie, die das erst ermöglicht, vom Smartphone bis zum selbstfahrenden Auto, das plötzlich seinen Dienst verweigert.
Mit Low-Tech, tollen Ideen und starken Schauspielern mokiert sich Podalydès über die Techies. Gegen Ende des Films kulminiert das in einer spektakulären Crash-Veranstaltung, die sich «Game of Drones» nennt.
Nicht im Ferienmodus
Bruno Podalydès betont, er habe nicht grundsätzlich etwas gegen Technik. Er nutze Internet, Mobiltelefon oder GPS. Aber er ziehe klare Grenzen. So weigert er sich etwa, die Sprachassistentin Siri zu benutzen. Er wolle nicht mit einer Maschine sprechen. Und er weigere sich auch, von sich zu reden, als ob er eine Maschine wäre. Etwa mit Phrasen wie «im Ferienmodus sein» oder im Leben «ein Reset zu machen».
Aus solchen Beobachtungen aus der verschwimmenden Grenzregion zwischen Menschen und Maschinen bezieht «Les deux Alfred» seine leise Komik.