Die sechs Frauen im Film kennen sich nicht – sie leben unterschiedliche Leben an unterschiedlichen Orten in der Schweiz.
Eine 64-jährige Seniorin in Lugano ist pensioniert, arbeitet aber noch, weil die Rente sonst nicht reicht. Ein 9-jähriges Mädchen in Bolligen macht ernüchternde Erfahrungen damit, woran sie als Frau gemessen wird. Eine Opernsängerin hinterfragt die wiederkehrenden Märtyrerinnenrollen, die sie spielt.
Diskriminierung quer durch die Gesellschaft
Die sechs Filmemacherinnen haben für das Projekt bewusst unterschiedliche Lebensläufe ausgewählt und ineinander verwoben.
Der Cast ist sehr divers, damit klar wird: Abwertungen, Lohnungleichheit oder die ungenügende Wertschätzung von Betreuungsarbeit betreffen nicht nur bestimmte Frauen in der Gesellschaft, sondern alle.
Der rote Faden kommt zu kurz
Die Vielfalt der Protagonistinnen verleiht dem Film zwar den Charakter eines Manifests, das möglichst viele Menschen mitmeint. Die starken Unterschiede zwischen den porträtierten Frauen sorgen aber auch dafür, dass die einzelnen Segmente bis auf die angesprochenen Themen nie wirklich verschmelzen.
So sehr sich der Schnitt um thematische Übergänge zwischen den Porträts bemüht: Der rote Faden bleibt dünn. Der Film ist nie besser als seine einzelnen Teile – vieles bleibt fragmentarisch. Zum Glück findet sich in den Abschnitten allerlei Gutes.
Ein Highlight ist der Basler Regisseurin Anna Thommen gelungen: Ihre Protagonistin, Naima aus Venezuela, ist ein Naturtalent vor der Kamera. Mit Pep und Witz lebt sie vor, was der Film insgesamt demonstrieren will: Sie beweist Durchhaltewillen und Scharfsinn auf der Suche nach einem Job, der ihren tatsächlichen Qualifikationen entspricht.
Was Thommen aus Naima herausholt, und was diese wiederum an Offenherzigkeit preisgibt, verpasst dem Film einen Drive, der ihm an anderen Stellen fehlt.
Benachteiligung durch die Blume
Was aber in fast allen Teilen durchschimmert und immer wieder hellhörig macht: Offene Frauenfeindlichkeit oder Diskriminierung – die im Film kaum vorkommen – sind nur die Spitze des Eisbergs. Oft sind es Missverständnisse, überalterte Rollenbilder und Systemfehler, die zur Ungleichbehandlung führen.
Immer wieder ist die Rede von Kindern: Von der heiklen Balance zwischen Kind und Beruf, von abwesenden Vätern, von abwesenden Kindern, und auch vom Kind, das man selbst einmal gewesen ist.
Der Dok-Film dreht leise Stimmen lauter
Manchmal kommt einem das Gezeigte und Gesagte aus eigenen Erfahrungen hinlänglich bekannt vor, an anderen Stellen lässt es aufhorchen. Insgesamt bleibt aber die Feststellung: Die Stimmen, die hier laut werden, gehen im öffentlichen Diskurs zu oft unter. Das allein macht diesen Film wichtig.