Filmemacher und Tier-Fotograf Laurent Geslin erreicht man zurzeit nur über Videocall. Er ist für sechs Monate im Senegal und arbeitet an seinem nächsten Projekt. Gemeinsam mit seiner Frau, die Anthropologin ist. Es geht um das Zusammenspiel der Menschen mit ihrer Umwelt.
Diesen Zusammenhang möchte Laurent Geslin auch in seinem aktuellen Film aufzeigen. Für «Lynx» begleitete er eine Luchs-Familie über fast zwei Jahre hinweg.
Luchse gehören zu den zehn seltensten Säugetier-Arten Europas. In der Schweiz wurden sie Ende des 19. Jahrhunderts ausgerottet. In den 70er-Jahren siedelte man sie wieder an, unter anderem im Jura, wo Laurent Geslin wohnt.
«Ich habe Geparde in Afrika fotografiert. Dass es Tiere in meiner eigenen Umgebung gibt, die noch viel schwieriger zu fotografieren oder filmen sind, hat mich fasziniert», sagt Geslin.
Jahrelange Recherche – und Glück
Zwölf Jahre widmete Laurent Geslin den Luchsen. Erst mit dem Fotoapparat, dann mit der Videokamera.
Er lernte so die einzelnen Individuen kennen, ihre Eigenarten und ihre Abläufe. Fand heraus, wo sie sich wann ungefähr aufhalten. So konnte er sich an den richtigen Stellen positionieren und auf die Luchse warten. Einfach eine Kamera verstecken und wieder gehen, wollte er nicht.
Dafür nahm er einiges in Kauf. Denn auch wenn er die Abläufe «seiner» Luchse gut kannte, so war es doch immer auch Glückssache, ob er die Tiere vor die Linse bekam.
«An einer Stelle wartete ich drei Monate lang, praktisch jeden Tag, morgens und abends. Und bekam den Luchs doch nur zweimal zu Gesicht», erzählt Laurent Geslin im Interview.
Sein Film zeigt ungefähr zwei Jahre im Leben eines Luchs-Pärchens und ihrer drei Jungen. Laurent Geslin gab den Tieren keine Namen, er will sie nicht vermenschlichen. Trotzdem baute er über die Monate hinweg eine Bindung zu ihnen auf.
«Es gab auch schmerzhafte Situationen», erzählt der Filmemacher. «Zum Beispiel, eines der Tiere zu verlieren. Nicht nur, weil ich ihnen so lange folgte. Sondern auch weil es bedeutet, dass es ein Individuum weniger dieser seltenen Art gibt.»
Mit seinem ersten Dokumentarfilm «Lnyx» will er auf die Biodiversität direkt vor unserer Haustür hinweisen. Die Schönheit der Natur zeigen. Wie alles zusammenhängt - und immer mehr bedroht wird.
Auch Inzucht gefährdet die Luchse
Nebst Unfällen im Strassenverkehr oder Wilderei ist auch die Inzucht eine grosse Gefahr für die Luchse in Europa. Da Waldgebiete immer mehr zerstückelt werden und sich die Luchse so nicht mehr durchmischen können.
«Jede kleine Attacke schadet der Biodiversität», sagt Laurent Geslin. «Doch noch haben wir Zeit, sie zu erhalten.»
Kinostart: 24. Februar 2022