Schlimmer geht immer! 1:6 verlor die Schweizer Nati bekanntlich ihr letztes Endrundenspiel. Es war die höchste Niederlage in der helvetischen WM-Geschichte. Doch immerhin: Ein Tor ist den Schweizern gegen Portugal gelungen.
Von einem Ehrentreffer – geschweige denn einem Sieg – konnte die Nationalmannschaft von Amerikanisch-Samoa lange nur träumen. Sage und schreibe 0:31 ging diese 2001 im WM-Qualifikationsspiel gegen Australien unter. Ein einsamer Rekord, der bis heute besteht.
Als zehn Jahre nach dem Desaster der Holländer Thomas Rongen als Trainer der schlechtesten Länderauswahl der Welt engagiert wurde, lautete die Vorgabe daher nicht: Ein Sieg muss her! Sondern ganz bescheiden: Ein Törchen wäre schön.
Steilvorlage fürs Kino
Ohne zu viel zu verraten: Aus Sicht des Fussballzwergs wurden in der Folge gleich mehrere sporthistorische Meilensteine gesetzt. Die Doku «Next Goal Wins», die 2014 auf diversen internationalen Festivals zu sehen war, rückte die Underdog-Story dann ins rechte Licht: Indem sie den unterhaltsamen Culture Clash zwischen den soften Spielern und ihrem toughen neuen Coach ins Zentrum rückte.
Ein knallharter Europäer, der sanfte Polynesier wettbewerbsfähig macht: Auf dieser pikanten Prämisse basiert nun auch der 97-minütige Spielfilm von Komödienspezialist Taika Waititi.
Nicht nur, weil der Neuseeländer in Hollywood seit dem Gewinn des Drehbuch-Oscars für «Jojo Rabbit» vor vier Jahren Narrenfreiheit geniesst. Sondern vor allem, weil der Sohn eines Maori mit «Next Goal Wins» hier seinen spielerischen Umgang mit dem Klischee des «weissen Retters» beweisen kann.
Kein weiterer White Savior
Heroisch ist der grauhaarige Fussballprophet aus dem Norden, den Waititi in die Südsee schickt, nämlich beileibe nicht. Michael Fassbender spielt Thomas Rongen vielmehr als cholerischen Alkoholiker, der erst durch die Begegnung mit den friedfertigen Inselbewohnern wieder die Kurve kriegt.
So wird der vermeintliche Heilsbringer aus Europa vom väterlichen Präsidenten des amerikanisch-samoanischen Fussballverbands in einer der besseren Szenen der mittelprächtigen Komödie als «verlorenes, kleines weisses Kind» beschrieben. Ein Balg, das seine Eltern im Einkaufszentrum verloren hat und dem man nun sagen muss, wie es diese wiederfindet.
Dass Michael Fassbender ein hochbegabter Schauspieler ist, hat er längst bewiesen. Fussballerisch und komödiantisch scheint der Ire allerdings nicht sonderlich talentiert zu sein. So stark ans Herz wie der reale Thomas Rongen aus der Doku wächst einem sein fiktiver Griesgram jedenfalls nicht.
Abseits der Geschlechternorm
Der eigentliche Star von Taika Waititis «Next Goal Wins» ist eine Frau: Die non-binäre Kaimana glänzt als Jaiyah Saelua. So heisst die erste Transgender-Person, die je in einem Fussball-Länderspiel auflaufen durfte. Grosses Kino, erkannte Hollywood korrekterweise und verlieh ihrer persönlichen Erfolgsstory im aktuellen Spielfilm noch mehr Gewicht.
Wer angesichts dieses zeitgeistigen Gender-Twists auf eine Fussballkomödie in der Liga von «Bend It Like Beckham» hofft, dürfte allerdings enttäuscht werden. «Bend It Like Fassbender»? Leider nein.
«Next Goal Wins» ist stromlinienförmiges Wohlfühlkino, das niemandem den grossen Kick geben wird, aber sein Hauptziel nicht verfehlt: Kultur- und geschlechterübergreifend gute Laune zu verbreiten.
Kinostart: 4.1.2024