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Doku über Kind aus Samenspende Sie wollte dieses Kind – aber ohne den Erzeuger

Marina Belobrovaja erzählt in «Menschenskind!», wie sie Mutter wurde. Und wie das Umfeld auf ihren Alleingang reagierte.

«Die Liebesbeziehungen, die ich einging, waren flüchtig», gesteht Regisseurin Marina Belobrovaja bereits nach wenigen Filmminuten: «Es war die Arbeit, die meine Tage und Nächte füllte. Dabei wusste ich immer schon, dass ich Kinder will.»

Die Geschichte der Filmemacherin ist kein Einzelfall. Schliesslich geht das Bedürfnis, Mutter zu werden, längst nicht bei allen Frauen mit dem Wunsch nach einem Partner einher. Den Weg, den die heute 46-Jährige einschlug, wagen dennoch die wenigsten.

Zwei Monate lange suchte sie im Netz nach einem Sexualpartner, von dem sie nur etwas wollte: den Samen. Kostenlos. Als Gegenleistung entband sie den Spermienspender von sämtlichen künftigen väterlichen Pflichten.

Nüchterner Zeugungsakt

Totale Transparenz ist der in Zürich lebenden, gebürtigen Kiewerin wichtig. Auch gegenüber ihrer eigenen Mutter, mit der sie sich oft via Skype unterhält. «Ich war etwas unentspannt», berichtet sie ihr im Film vom Zeugungsakt: «Er zog sich aus und hat sich hingelegt. Dann versuchten wir, einander näherzukommen.»

Obwohl sie sich das Treffen im Hotelzimmer etwas erregender vorgestellt hatte, war sie mit dessen Ausgang zufrieden: «Schlussendlich hatten wir ganz normalen Sex. Nicht, dass ich ihn besonders genossen hätte. Alles war recht funktionell, aber nicht grundsätzlich schlecht.»

Portätbild der Familie Belobrovaja, das sich über vier Generationen erstreckt.
Legende: «Wo ist das Vögelchen?» Töchterchen Nelly kennt ihre Herkunft. Direkten Kontakt hat sie aber nur mit den Vorfahren mütterlicherseits. Golden Egg Production

An Konversation nach dem Geschlechtsakt sei der Samenspender nicht interessiert gewesen. Es reiche ihm wohl, «dass Frauen Kinder von ihm wollen», erklärt sie dessen wortkarges Verhalten. 20 habe er schon gezeugt, erfahren wir an dieser Stelle im Film. Eine schlechte Schätzung, wie sich später zeigen wird.

Sind wir nicht alle Geschwister?

Inzwischen ist viel passiert: Die Regisseurin brachte eine gesunde Tochter zur Welt. Heute liegt Nellys Geburt bereits neuneinhalb Jahre zurück.

Geklärt haben sich inzwischen auch Nellys biologische Verwandtschaftsverhältnisse: Das Erbgut ihres männlichen Co-Erzeugers steckt nicht in ungefähr 20, sondern 60 Kindern. Eine Information, die Belobrovaja deutlich mehr beunruhigt als ihre selbstbewusste Tochter.

Die Neunjährige spreche mit einer totalen Selbstverständlichkeit von ihren 59 Halbgeschwistern, sagt ihre Mutter. «Was das medizinisch, genetisch und rechtlich bedeutet, ist eine andere Frage.»

Ehe für alle, Kinder für alle?

Die selbstkritische Haltung der Filmemacherin ist auch in ihrer Doku omnipräsent. «Ich hatte ethisch-moralische Fragen und habe sie nach wie vor», erklärt sie. «Menschenskind!» ist kein Plädoyer für den Alleingang von Single-Müttern. Sondern ein Aufruf an alle Menschen, aktiv an der Reproduktions-Diskussion teilzunehmen.

Ein Kind liegt allein auf einem menschenleeren Zürcher Trottoir.
Legende: Kind in Schieflage? Die Doku «Menschenskind!» wirft viele Fragen auf. Auch diverse unbequeme. Golden Egg Production

Dass damit auch Personen jenseits des heteronormativen Spektrums gemeint sind, versteht sich für die Regisseurin von selbst: «Auch gleichgeschlechtliche Paare müssen darüber mitbestimmen können.»

Durch das Ja zur «Ehe für alle» vor bald zwei Jahren ist diese Mitbestimmung etwas einfacher geworden: Seit dem Sommer 2022 dürfen verheiratete lesbische Paare ebenfalls eine Samenbank in Anspruch nehmen, ähnlich wie in vielen anderen europäischen Staaten.

Doch andere Personen sind weiterhin davon ausgeschlossen: So erhalten unverheiratete Paare und Alleinerziehende weiterhin keinen Zugang. Ein rechtlicher Rahmen, der viele Fortpflanzungswillige auf abenteuerliche Pfade zwingt.

SRF-Koproduktion

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Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat diesen Film koproduziert .

Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 13.01.2022, 09:03

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