Die Geschichte ist bekannt und schon oft erzählt. Jüngst in der vielgepriesenen Netflix-Serie «The Crown»: diejenige von Lady Diana, geborene Spencer, die in der Ehe mit Prinz Charles verzweifelt – weil er eine andere liebt und weil sie mit der sehr strengen Königsfamilie nicht klarkommt.
Nun also erzählt der chilenische Regisseur Pablo Larraín in seinem Film «Spencer» diese Geschichte ein weiteres Mal.
Regisseur für intime Charakterstudien
Schon 2016 hatte Larraín in Venedig mit «Jackie» ein sehr intimes Porträt einer Frau gezeigt, die im Zentrum des Weltinteresses steht: Natalie Portman spielte ziemlich grossartig Jackie Kennedy unmittelbar nach der Ermordung ihres Mannes.
2019 präsentierte der Regisseur – zurück in seinem Heimatland Chile – «Ema y Gaston», die Studie einer toxischen Beziehung zwischen einer Tänzerin und einem Choreographen. Beide Male tolles, grosses Kino.
Keine neuen Facetten von Diana
«Spencer» allerdings vermag nicht gleichermassen zu überzeugen. Das hat viele Gründe. Als erstes muss man sich fragen: Warum noch eine Diana-Geschichte?
Zumal sie nichts Neues erzählt: ihre Liebe zu ihrem Vater, ihre Abneigung gegen das strikte Hofprotokoll, ihre Bulimie, ihre (begründete) Eifersucht, ihre Stimmungswechsel. Wir haben es so oft erzählt bekommen – und diesem Film fehlt schlicht eine Relevanz, die über das Leiden Dianas hinausgeht.
Wenig überzeugende Momente
Der Film spielt während der Weihnachtstage auf dem königlichen Landsitz Sandringham – dort soll möglichst «normal» und feierlich im Familienkreis gefeiert werden, obwohl schon alles im Argen zwischen Charles und Diana ist.
Es folgen drei Tage bestehend aus Verweigerung, Verzweiflung, Essattacken und Übergeben. Die wenigen intimen und überzeugenden Momente sind diejenigen, in denen Diana mit ihren Kindern allein ist, oder die, in denen sie mit Personen aus dem Hofstaat spricht – dieser nämlich ist ihr, entgegen der königlichen Familie, immer noch zugetan.
Die interessanten Geschichten bleiben unerzählt
Schauspielerin Kristen Stewart versucht, eine genaue Kopie der Prinzessin sein. Nur leider merkt man das überdeutlich: Das ist nie eine leidende Diana, die man sieht und spürt, sondern immer Kristen Stewart, die eine leidende Diana nachmacht. Das funktioniert nicht, diese Diana nervt irgendwann.
Dabei gibt es durchaus interessante Nebenfiguren, gespielt von tollen Schauspielern und Darstellerinnen, die mehr Raum und Dialoge verdient hätten. Zum Beispiel die Kammerzofe Maggie (Sally Hawkins), die der Prinzessin sehr zugetan ist. Oder der ehemalige Major und jetzt Sicherheitschef Gregory (Timothy Spall), der streng aufs Hofzeremoniell pocht und trotzdem versucht, Diana zu integrieren und zu verstehen.
Und der Koch Darren (Sean Harrys), bei dem Diana gern Zuflucht sucht. Leider müssen diese Figuren schablonenhaft bleiben – ebenso wie die Auseinandersetzung zwischen Diana und Charles (Jack Farthing), der ebenso schemenhaft bleibt.
Pablo Larraín fokussiert einzig und allein auf Diana. Vielmehr: Er fokussiert auf Kristen Stewart als Diana, die der Rolle nicht gerecht wird. Das Resultat ist leider ein Film, der ebenso langweilig wie unrelevant ist. Hoffentlich nur ein Ausrutscher des sonst tollen Regisseurs.
Kinostart: 13.1.2022