Batman ist zurück. Frisch verdreckt. Und gnadenloser denn je. «Ich bin Vergeltung!», verkündet er seinen Widersachern schon nach wenigen Minuten und wir wissen: Dieser maskierte Rächer macht keine Gefangenen.
Robert Pattinson verkörpert den moralisch noch nicht ganz gefestigten Helden im knapp dreistündigen Epos als grummeligen Grunge-Gruftie. Zumindest vom Image her ist das folgerichtig. Denn wer sich in der Sphäre des Phantastischen auskennt, weiss: Vampire sind nicht immer auf zwei Beinen unterwegs. Sie verwandeln sich auch gerne mal in eine Fledermaus.
Genau diese Transformation hat nun Pattinson vollzogen. Berühmt geworden ist er als anämischer Vampir in der «Twilight»-Saga, nun verkörpert er Gothams bekannteste Fledermaus: «The Bat», Bruce Waynes schattenhaftes Alter Ego.
Matte Melancholie, kein heiterer Hochglanz
Rückblickend hat Regisseur Matt Reeves bei der Besetzung alles richtig gemacht. Pattinson, der früh verkündete, sich keinen Superhelden-Körper anzutrainieren, passt perfekt zum lumpenverliebten Shabby-Chic-Look des Films.
Statt in ein muskelbetontes Hochglanz-Kostüm aus Latex, wie es viele seiner Vorgänger tragen mussten, durfte Pattinson in eine bequemere Kluft schlüpfen. Diese fühlte sich wie «ein staubiger Soldatenanzug mit vielen Schusslöchern und Kratzern» an, gab der 35-Jährige zu Protokoll. Dennoch habe das Tragen des Batman-Outfits sofort seine «transformative Wirkung» entfaltet: «In ihm fühlte ich mich zehnmal so gross und stark.»
Tatsächlich schmeichelt der Bat-Suit dem schlaksigen Briten, weil er dessen physische Vorzüge betont: Körpergrösse und Kinnkonturierung. Gecastet wurde Pattinson aber primär wegen seiner ausdrucksstarken Augen, die viel Melancholie verströmen. Regisseur Reeves erkannte in ihnen genau die selbstquälerische Qualität, die sein Batman ausstrahlen sollte. Als Inspirationsquelle diente dem New Yorker dabei die Ikone der Grunge-Bewegung: Kurt Cobain.
Vintage-Vision aus vertrauten Versatzstücken
Beim Schreiben des Drehbuchs habe er oft Nirvana gehört, sagt Reeves auf Nachfrage zur angestrebten Tonalität. Doch nicht nur musikalisch haben die 90er-Jahre Echos in der jüngsten Regiearbeit des «Cloverfield»-Machers hinterlassen.
So erinnert die Bildsprache stark ans düstere Kino von David Fincher, in dem es ununterbrochen zu regnen scheint. Vor allem dessen Thriller «Seven» (1995) hat mit all seinen Film-noir-Anleihen mehr mit «The Batman» gemein als jeder Marvel-Blockbuster.
Fans federleichter Superhelden-Unterhaltung seien daher gewarnt: Dies ist kein Feelgood-Movie, sondern ein packendes Krimi-Drama voller gebrochener Gestalten, die sich gegenseitig die Knochen brechen. Und das die Frage aufwirft, ob sich der Rächer im Fledermauskostüm überhaupt von Gothams zwielichtigen Schlüsselfiguren unterscheidet.
Gothams Gangster bleiben ein Rätsel
Zu nennen wären da vor allem der profitgierige Pinguin (grossartig entstellt: Colin Farrell), die selbstsichere Catwoman (katzenhaft grazil: Zoë Kravitz) und der Eliten-feindliche Riddler (unheimlich facettenreich: Paul Dano).
Letzterem schaut man gerne zu, wie er als Oberschurke mit Unschuldsgesicht Batman in Atem hält. Weniger weil seine Denkaufgaben zum Mitknobeln animieren würden, sondern weil er selbst das grösste Rätsel darstellt.
Gothams Gangster geben in diesem Film nicht alles von sich preis und bleiben darum interessant für Fortsetzungen. Und die wird es nach diesem gelungenen Auftakt garantiert geben. Ohne dass es einem eine Post-Credit-Scene auf die Nase binden müsste.
Kinostart: 3.3.2022