«Sklaven, unterwerft euch euren Meistern. Nicht nur denen, die gut und rücksichtsvoll sind, sondern auch denen, die hart sind.» In «The Birth of a Nation» predigt der unfreie Afroamerikaner Nat Turner die Unterwürfigkeit. Sie sei etwas Gutes. Sein Publikum: andere Sklaven. Seine Auftraggeber: die weissen Plantagenbesitzer. Denn die haben Angst vor einem Aufstand.
Eine historische Figur
In «The Birth of a Nation» geht es um das Leben des Sklaven, Predigers und späteren Rebellen Nat Turner. Eine historische Figur: Nat Turner führte am 21. August 1831 einen Aufstand gegen die weissen Sklavenhalter im Süden Virginias an.
Obwohl die Revolte nur 48 Stunden dauerte, gilt sie heute als einer der bedeutendsten und brutalsten Sklavenaufstände in der Geschichte der USA.
Über 50 Weisse kamen dabei ums Leben. Mehr als doppelt so viele Afroamerikaner – Sklaven und Freie – wurden von der Zivilbevölkerung im Anschluss an die Rebellion gelyncht.
Ein Stück afroamerikanische Geschichte
«The Birth of a Nation» erzählt konventionell ein wichtiges Kapitel afroamerikanischer Geschichte. Rebellierende Sklaven gehören bis heute nicht zu den Helden, von denen amerikanische Geschichtsbücher so gerne erzählen. Die berichten überwiegend vom weissen Amerika.
Es war Nate Parkers Absicht, auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Und es ist kein Zufall, dass sein Film den gleichen Titel trägt wie D.W. Griffiths rassistischer Stummfilm aus dem Jahr 1915, der bis heute als ein wichtiger Bestandteil der amerikanischen Filmgeschichte behandelt wird.
In einem Interview mit dem Magazin «Filmmaker» erklärte Parker: Er habe diesen Titel gewählt, um «eine ehrliche Konfrontation mit der Vergangenheit in Gang zu bringen, welches hoffentlich zur Heilung und nachhaltige Veränderung der Gesellschaft führen wird.»
Erfolgreiche Premiere
Der Afroamerikaner Nate Parker spielt nicht nur den Rebellen Nat Turner, sondern schrieb auch das Drehbuch, übernahm die Regie und beteiligte sich als Produzent.
Als «The Birth of a Nation» am 25. Januar 2016 am Sundance Festival in Utah Premiere feierte, war die Begeisterung gross. Der Film traf den Nerv der Zeit: Die amerikanische Filmbranche diskutierte gerade darüber, dass alle Oscar-Nominierten 2016 weisse Männer und Frauen waren.
Kein Oscar-Kandidat
Nach den positiven Reaktionen am Festival hielten viele den Film für einen sicheren Oscar-Kandidaten. Die Hoffnungen lösten sich jedoch schnell in Rauch auf, als an die Öffentlichkeit drang, dass Nate Parker 1999 zusammen mit einem Kollegen eine betrunkene Mitstudentin an der Penn State University vergewaltigt haben soll.
Parker wurde damals freigesprochen, sein Kollege zu sechs Monaten Haft verurteilt. Erst in der Berufung kam er frei, weil das Opfer nicht noch einmal vor Gericht auftreten wollte.
Dass die Frau 2012 auf Grund von Depression Selbstmord begangen hatte und im Film zwei erfundene Vergewaltigungsszenen vorkommen, goss weiter Öl ins Feuer. Durch die Debatte trat «The Birth of a Nation» in den Hintergrund. Bei den Oscar-Nominierungen 2017 sprach kein Mensch mehr von dem Film.