Was gibt es noch zu erzählen über Emil? Über eine Bühnenfigur, die so sehr zum Schweizer Kulturgut gehört, dass wir die Sketche auswendig können? Über einen Mann, der fast sein ganzes Leben in der Öffentlichkeit gelebt hat? Über einen, der nie Skandale oder Kontroversen provoziert hat?
Ausbruch aus der Enge
«Typisch Emil» fokussiert in seiner Erzählung von Emil Steinbergers Leben auf zwei grosse Ausbrüche. Der erste gelang ihm als junger Mann, indem er sich von seinem freudlosen Elternhaus emanzipierte und auf die Kleinbühne wagte.
Die Eltern hatten seine Ambitionen nicht im Geringsten unterstützt, erinnert er sich: «Wenn ich von zu Hause wegging, um Cabaret zu spielen, habe ich oft geweint. Das waren harte Zeiten.» Auf die harten Zeiten folgte der beispiellose Aufstieg zum verehrten Komiker in der Schweiz und Deutschland.
Nach New York
Den zweiten Ausbruch wagte Steinberger mit 60. Seine Berühmtheit empfand er zu diesem Zeitpunkt als einengend, und er fürchtete die künstlerische Erstarrung. Seine Bühnenfigur, dieser gehemmte und etwas dümmliche Bünzli Emil, schien Steinberger auserzählt. Der Abschied von der Bühne fiel schwer, weil die ganze Schweiz Anspruch auf «ihren» Emil erhob, seinen Abgang egoistisch fand.
Steinberger verliess die Schweiz, lebte sechs Jahre lang in New York. Doch der Wunsch, der Popularität zu entfliehen, erfüllte sich nicht. Stattdessen bediente Steinberger auch aus den USA die Schweizer Medien mit Kolumnen, Interviews und TV-Auftritten.
In den USA lernte er seine Ehefrau Niccel kennen. Die beiden sind bis heute ein unzertrennliches und anrührend liebevolles Paar. Nur mit Niccel an seiner Seite wagte sich Emil Steinberger zurück in die Schweiz und auf die Bühnen, schloss schliesslich Frieden mit der Bühnenfigur Emil, als die er seit zehn Jahren wieder auftritt.
«Weil es einfach gut ist»
Der Film, den die Steinbergers mitgeschrieben haben, zeigt den bekannten Emil: den unerschütterlichen und energiegeladenen Spassvogel, den liebenswürdigen und liebevollen Optimisten. Abgesehen von den New Yorkern Jahren des Zweifels ist sein Leben geprägt von grosser Konstanz.
Steinbergers Figuren und Nummern sorgen nach Jahrzehnten genauso für Lacher wie am ersten Tag. Emils liebevoller Humor, der uns den Menschen in all seiner Lächerlichkeit zeigt, ohne ihn je auszulachen, ist erstaunlich zeitlos.
Und er funktioniert eben nicht nur in der Deutschschweiz, aus der die Figuren stammen, sondern ist nahezu universell. In einem Interview von 1995 wird Steinberger von Frank A. Meyer gefragt, warum sein Werk in Deutschland wohl so erfolgreich sei. «Weil es einfach gut ist», lautet die ungewohnt unbescheidene Antwort.
Greatest Hits
Der Film erklärt oder ergründet Emil nicht, sondern feiert ihn. «Typisch Emil» ist ein konventioneller Dokumentarfilm, der aber durchtränkt ist von Emils optimistischem Geist. Selbst wenn der Film gegen Ende wehmütig Richtung Tod schaut, setzt uns Emil mit seiner unerschütterlichen Unbekümmertheit doch wieder ein Lächeln ins Gesicht.
Was gibt es also noch Neues zu erzählen über Emil? Nicht viel. Und vielleicht wollen wir auch gar nichts Neues hören. Wir möchten lieber nochmals das «Telegrafenamt» sehen, das «Verkehrshaus» oder den «Kiosk am Meisenweg». «Typisch Emil» zeigt uns diese Klassiker. Denn schlussendlich will Steinberger immer nur eines: «Etwas machen, das den Menschen Freude bereitet.»
Kinostart: 07.11.2024