Die Mutter Bev (Amy Adams) droht, mit dem Auto sich selbst und ihren Sohn auf dem Beifahrersitz zu Tode zu fahren. Sie nimmt Heroin. Heiratet Männer, die sie erst ein paar Tage kennt.
Das ist J.D. Vances (Owen Asztalos) Alltag. Im von Gewalt, Drogen und Armut geprägten Leben gibt ihm nur seine Grossmutter (Glenn Close) Halt.
Eine wahre Geschichte
Ein ähnliches Leben führen in den USA viele. J.D. Vance wächst in der weissen Unterschicht Ohios auf. Hillbillys werden diese Menschen aus den ländlichen Gebieten oft abschätzig genannt.
Das Drama «Hillbilly Elegy» beruht auf Vances gleichnamigen Memoiren, die 2016 veröffentlicht wurden.
Darin beschreibt er seinen Werdegang. Vom Hillbilly-Boy ohne Hoffnungen zum Studenten an der Elite-Uni Yale. Heute arbeitet Vance als Finanzmanager.
Nach dem US-Wahlkampf 2016 wurde sein Buch oft als Erklärung für Trumps Sieg herangezogen. Vance zeichnet das Bild einer hoffnungslosen, wütenden Bevölkerungsschicht, die sich von der Elite übergangen und vom Rest der Gesellschaft übersehen fühlt.
Deren Jobs nach und nach verschwinden. Deren Schulen immer schlechter werden und dementsprechend die Chance der Kinder auf eine bessere Zukunft kleiner. Deren Lebenserwartung drastisch sinkt. Aufgrund von Armut, ungesundem Lebensstil, Drogen.
«Für diese Menschen ist der American Dream nur das – ein Traum», sagt Vance in einem Vortrag. Viele in den USA meinten: Donald Trump versprach diesen Menschen die Erfüllung des Traums. Sie erhofften sich von ihm ein besseres Leben. Und gaben ihm deshalb ihre Stimmen.
Vances Autobiografie wurde zum Bestseller. Er selbst zeitweise zum gerngesehenen Interview-Gast zu allen möglichen Themen. Einige schlugen dem konservativen Republikaner sogar vor, in einigen Jahren selbst als Präsident zu kandidieren.
Selbst Schuld an der Armut?
Doch auch Kritik wurde laut. Vor allem der Untertitel seines Buches erhitzte die Gemüter: «Die Geschichte einer Familie und einer Kultur in der Krise». Vance könne von seinem Schicksal nicht auf das einer ganzen Kultur schliessen.
Er könne den Menschen nicht die Schuld an ihrer Armut geben. Er selbst sei ein Glückspilz. Doch nicht alle könnten mit harter Arbeit ihrem Elend entkommen.
Das Bild, das im Film gezeichnet wird, ist sehr eindimensional. Die ganze Geschichte wirkt überdramatisiert und klischiert. Statt differenzierte Einsichten in die weisse Unterschicht zu gewähren, wird hier vor allem auf die Tränendrüse gedrückt.
J.D. Vances Erfolgsgeschichte ist in Wahrheit sicher beeindruckend. Als Film aber ein bisschen langweilig.
Kinostart: 12.11.2020
Netflixstart: 24.11.2020