Winnie the Pooh – der niedliche, dickliche und sprechende Bär im roten Hemd – ist eigentlich ein Fall für Kinder und Disney-Fans.
15 Filme, 5 Serien plus Kurzfilme und Specials wurden zwischen 1966 und 2018 vom Mickey-Mouse-Studio produziert. Alle süss und unschuldig. Die neuste Kino-Version des Bären ist es nicht.
«Winnie-the-Pooh: Blood and Honey» ist ein Slasher-Film ab 18 Jahren. Der Bär wird im blutspritzenden Streifen zum Killer im Stil eines Jason oder Mike Meyers, nachdem ihn Freund Christopher Robin allein lässt. Zusammen mit dem Ferkel jagt und bringt Pooh eine Gruppe junger Frauen um.
Der Wandel vom Kuschelbär zum Killer gefiel vielen Fans nicht. Regisseur und Drehbuchautor Rhys Waterfield erzählte, dass er und seine Crew Todesdrohungen erhalten hätten.
Wie konnte das Bärchen zum Schlitzer werden?
Winnie the Pooh basiert auf einem Buch von 1926, geschrieben vom britischen Autoren Alan Alexander Milne. Das Copyright-Patent lief vergangenes Jahr in den USA ab. Deshalb konnte Rhys Waterfield die Figur benutzen. Allerdings mit Einschränkungen.
Der Disney-Konzern hält weiterhin die Exklusivrechte an seiner Version vom Bären, mit seinem gelben Fell und roten Hemd. Deshalb trägt Rhys Waterfields Pooh Holzfällerklamotten. Und andere bekannte Figuren wie Tigger tauchen nicht auf, weil das Urheberrecht noch bei Disney liegt.
Das billige B-Movie, das in 10 Tagen runtergedreht und nur geschätzte 100'000 Dollar gekostet hat (und bisher 4 Millionen eingespielt hat) macht aber nicht nur Schlagzeilen, weil sich viele daran stossen, dass aus der bekannten Kinderfigur ein Killer wurde.
Denn «Winnie-the-Pooh: Blood and Honey» wurde in Hongkong noch vor dem Kinostart abgesetzt. Begründet wurde das schwammig mit «technischen Gründen». Es könnte aber auch an Zensur durch Peking liegen.
Weil seit 2013 Chinas Präsident Xi Jinping im Internet durch Vergleiche mit dem naiven Winnie-the-Pooh verspottet wird und solche Posts auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo immer wieder blockiert werden.
Winnie-the-Pooh als Zeichen des Protests
Der Vergleich Zeichentrickbär/Präsident findet aber nicht nur im Internet statt. Bei den Protesten von 2019 in Hongkong sprayten Demonstranten den Bären auf Wände, trugen «Winnie-the-Pooh/Xi Jinping»-Masken oder Kostüme und hielten dabei «Free China»-Plakate.
Unlängst sorgte ein Aufnäher in Taiwan für Aufregung, der die Spannungen zwischen Taiwan und China thematisierte. Er zeigt, wie Winnie-the-Pooh von einem taiwanischen Schwarzbären einen Fausthieb kassiert.
Im Fall von «Winnie-the-Pooh: Blood and Honey» könnte nun die Angst bestehen, dass Xi Jinping mit der Killervariante des Bären verglichen wird.
Das dürfte dem Politiker nicht gefallen. Deshalb wird Zensur vermutet. Zumal 2018 schon der Film des Schweizer Regisseurs Marc Forster «Christopher Robin» nicht gezeigt wurde.
Fakt ist aber auch: Winnie-the-Pooh ist nicht verboten. Wenn man auf die chinesischsprachige Seite von Disneyland Shanghai geht, findet man ihn problemlos.