«Schickt ihn in den Zoo – als Löwenfutter!» Wer in Diensten von Kanzlerin Elena Vernham steht, lebt gefährlich. Wer bei der wankelmütigen Despotin in Ungnade fällt, landet im Exil, Kerker oder eben im Löwenkäfig.
Power, Prunk und Putsch
Die Serie «The Regime» erzählt, wie die exzentrische Diktatorin eines fiktiven europäischen Kleinstaates ihre Macht gegen Intrigen und Aufstände verteidigt. Das ist etwa so, wie wenn «House of Cards» statt im US-Parlament im Palast von Alexander Lukaschenko spielen würde.
Die Untertanen der Kanzlerin Vernham sind tüchtige Zuckerrüben-Bäuerinnen und Bergarbeiter. Ob dieses Volk seine Herrscherin tatsächlich so innig liebt, wie diese stets versichert, tut nichts zur Sache. Gefragt wird es ohnehin nicht.
Aufstieg des Metzgers
Im Palast macht ein Soldat von sich reden. Man nennt ihn den «Metzger», weil er einen Aufstand in einem Kobalt-Bergwerk gewaltsam beendet hat. Die Kanzlerin findet Gefallen an dem grobschlächtigen Mann und nimmt ihn als Berater zur Seite.
Der Metzger weiss die Gunst der Stunde zu nutzen. Als ruppiger Rasputin flüstert er der Despotin Quacksalbereien und politische Ideen ein. Besorgt beobachtet die Elite am Hof, wie der undurchsichtige Schützling an Einfluss gewinnt.
Vernham ist empfänglich für sonderbare Ratschläge. Die Hypochonderin fürchtet sich vor Giften in den Palastwänden und lässt deswegen überall dampfende Kartoffeln aufstellen und Erde servieren, weil sie das für heilsam hält. Ihren etwas eigenen Kopf weiss sie stets resolut durchzusetzen.
Flotter Start mit ernüchterndem Ende
Eine politische Groteske wie «The Regime» ist 2024 ein schwieriges Unterfangen. So absurd die Protagonistin von «The Regime» auch gezeichnet ist – wir wissen, dass es solche Despoten tatsächlich gibt. So ist es nur richtig, dass Stephen Frears Politsatire nach einem launig absurden Start zunehmend realistische Züge annimmt und auf ein ernüchternd reales Ende zusteuert.
Dennoch ist «The Regime» ein grosser Spass. Dies vor allem dank einer lustvoll aufspielenden Kate Winslet, die als stures Staatsoberhaupt eine Wucht ist. Genussvoll lässt sie amerikanische Diplomatinnen und selbstgerechte Oligarchen ins Messer laufen und kommentiert deren Untergang mit flotten Unflätigkeiten.
Herrscher kommen und gehen, die Not bleibt
Am Hof steht bald der naive Patriotismus des Soldaten dem zynischen Opportunismus der Elite gegenüber, die am prunkvollen Hof ein Herrenleben auf Kosten der Bevölkerung führt. Gleichzeitig gewinnt im Land eine Rebellengruppe an Einfluss, die bald zum Sturm auf den Palast ansetzt.
Dass der Soldat mit seinen vermeintlich hehren Idealen kaum weniger gefährlich ist als die exzentrische Diktatorin, gehört zur ernüchternden Botschaft von «The Regime». Egal, wer in diesem turbulenten Kleinstaat, diesem Spielball zwischen den Supermächten USA und China, gerade das Zepter schwingt: Die Leidtragenden sind immer die Untertanen.