Was ist passiert? Mehrere Deutschschweizer Produktionsfirmen haben sich Mitte Juli beim Bundesamt für Kultur (BAK) beschwert. Das Schreiben richtet sich an die Verantwortlichen für die selektive Filmförderung Ivo Kummer und Patrizia Pesko, sowie an ihre Chefin Carine Bachmann. Die Produzentinnen und Produzenten kritisieren, dass seit Beginn 2022 weniger Deutschschweizer Filme gefördert wurden als solche aus der französischsprachigen Schweiz.
«In Anbetracht der Grössen der Sprachregionen ist dies aus unserer Sicht ein inakzeptables Missverhältnis, das es zu adressieren gilt.» Weiter zweifeln die Briefschreiber daran, «dass die Projekte aus der Romandie jene aus der Deutschschweiz qualitativ übertreffen, wenn man sowohl den künstlerischen als auch den kommerziellen Erfolg der Deutschschweizer Filme der vergangenen Jahre betrachtet.»
Wie reagiert die Romandie? Eine klare Meinung zur Beschwerde aus der Deutschschweiz hat der Filmproduzent Thierry Spicher aus Lausanne: «Das ist lächerlich und peinlich». Der Alleingang der Produzenten entspreche nicht dem nationalen Ansatz, insgesamt die Präsenz Schweizer Filme in den Kinos zu erhöhen. «Fordern sie etwa das Ende der Schweizer Filmförderung? Wollen sie eine französischsprachige und eine deutschsprachige Förderstelle?» Spicher räumt ein, dass es in den letzten zwei Jahren womöglich mehr Geld für die Romandie gab. «Vielleicht gab es bei uns aber auch die besseren Filme.» Ein strukturelles Problem sieht Spicher bei den Finanzen: «Es gibt nicht genug Geld, aber immer mehr Menschen, die Filme machen wollen.»
Was sagen die Zahlen? Gemäss den Angaben des Bundesamts für Kultur (BAK) sind von Anfang 2022 bis Mitte 2023 13 Filme aus der Romandie und neun Filme aus der Deutschschweiz gefördert worden. Konkret beläuft sich das auf 9'420’000 Franken gegenüber 5'865’000 Franken, wobei die Budgets der Filme variieren: Von der Summe lässt sich also nicht zwingend auf die Anzahl Filme schliessen. Dennoch zeigen die Zahlen, dass deutschsprachige Produktionen nur knapp die Hälfte dessen bekamen, was französischsprachige Produzenten erhalten haben.
Braucht es eine Quote in der Filmförderung? Ivo Kummer, Leiter der Sektion Film des BAK, denkt nicht daran, das Fördersystem zukünftig mit einer Quote auszustatten. «Manchmal gibt es Jahre mit starken Filmen aus der Romandie, manchmal mit stärkeren Filmen aus der Deutschschweiz». Aufgrund von Schwankungen bei der Qualität und dem Umfang der Filme sei eine feste Quote nicht sinnvoll. Allerdings räumt er ein: «Es ist sicherlich wichtig, ein Auge auf die Verteilung zu werfen.» Der im Beschwerdebrief angegebene Zeitraum seit 2022 sei aber zu kurz, um aussagekräftige Angaben zur Verteilung machen zu können. Laut Kummer habe er in einem umfangreichen Brief an die Unterzeichner des Schreibens den Vorwurf widerlegt.
Alles wieder ruhig? Rajko Jazbec von Catpics betont, dass sich das Schreiben auf einen «internen Austausch zwischen einigen Produktionsfirmen und dem Bundesamt für Kultur» beziehe. Jazbec und die anderen Unterzeichner hätten sich einen eher kurzen Zeitraum angeschaut, die Antwort des BAK habe einen grösseren Kontext der Statistiken gegeben. «Damit ist das Thema für uns als Catpics erledigt.» Lukas Hobi, Produzent bei Zodiac Pictures, befindet: «Wir besprechen unsere Fragen und Anliegen mit der Filmförderung direkt und nicht in der Öffentlichkeit.» Erstaunlich, schliesslich geht es um öffentliche Gelder. Und wer fegt das zerbrochene Geschirr zusammen?