Keira Knightleys Karriere ist von Anfang an ein unfairer Balance-Akt zwischen äusserer und innerer Wahrnehmung. Gesehen wird sie von der Filmkritik und den Studio-Bossen vornehmlich als attraktive, junge Schauspielerin, die als flotte Liebhaberin besetzt werden kann. Ihr schauspielerisches Talent, das bereits in frühen Rollen erkennbar ist, interessiert die Produzenten erst mal nicht.
Durchbruch als Fussballerin
Keira Knightleys Karriere beginnt 2002 mit der britischen Komödie «Bend It Like Beckham». Der Film, in dem sie eine talentierte, aber kaum ernst genommene Fussballerin spielt, hievt die damals 17-jährige Britin ins internationale Rampenlicht und wird ein weltweiter Überraschungserfolg.
Keira Knightley kann darin definitiv mehr, als hübsch in Fussball-Shorts herumdribbeln. Die britische Filmpresse erkennt ihr Talent, doch das renommierte US-Branchen-Magazin Variety findet: «Die aufstrebende Teen-Schauspielerin Knightley wirkt eher wie ein Zuckerpüppchen als ein natürliches Talent».
Hollywoods Stempel sitzt
Sie schafft zwar als Britin den Sprung nach Hollywood, wird dort aber vorzugsweise als unbedarfte Liebhaberin in historischen Dramen besetzt. 2002 spielt sie in «Pirates of the Caribbean» die blaublütige Piratenbraut Elizabeth Swann: hübsch, und trotzdem wild.
Aus dem Historiendrama «Pride and Prejudice» (2005) geht die Unterschätzte dann triumphal hervor. Sie wird für ihre Rolle als schlagfertige Elizabeth Bennet für einen Oscar als beste Nebendarstellerin nominiert.
In einem Interview mit der Zeitschrift Elle erzählt sie, an ihre Kritiker gerichtet: «Viele Jahre lang wurde über mich gelästert: ‹Die ist doch nur hübsch und hat überhaupt kein Talent›».
Die Kritiker verstummen
Spätestens seit 2014 behauptet niemand mehr, Knightley fehle es an Talent. Es folgt die zweite Oscar-Nomination als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle der Mathematikerin Joan Clarke in «The Imitation Game». Als einzige Frau unter Männern soll sie unter dem Wissenschaftler Alan Turing den berüchtigten Enigma-Code der Nazis knacken.
«Sie stiess lange an eine gläserne Decke und musste hart kämpfen, bis sie da war, wo sie hinwollte», sagte Knightley über ihre Figur und könnte damit sich selbst gemeint haben. Seither kann sich Keira Knightley ihre Rollen aussuchen.
Rebellisch und feministisch
Ihre Wahl fällt zunehmend auf rebellische, gesellschaftskritische und feministische Figuren. In «Colette» (2018) verkörpert sie die französische Schriftstellerin Sidonie-Gabrielle Colette, die für ihre Rechte als Künstlerin und Frau eintritt.
In «Misbehaviour» (2020) ist sie Sally Alexander, eine engagierte Aktivistin und Feministin, die eine zentrale Rolle bei der Organisation eines spektakulären Protests gegen die Miss World-Wahl 1970 spielt.
Und als knallharte Undercover-Agentin Helen in der Netflix-Serie «Black Doves» (2024) ist sie zwar schlagfertig und – wenn sie denn will – auch charmant. Aber wehe, wer sich ihr in den Weg stellt: Keira Knightley schlägt als Helen alle. Die Zeiten, als sie unterschätzt wurde, sind für die 40-jährige Britin definitiv vorbei.